Seite - 72 - in Der Arkadenhof der Universität Wien und die Tradition der Gelehrtenmemoria in Europa
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feierlichkeiten sowie kriegerischer Erfolge und
Friedensschlüsse prunkvolle Porträt- und Schau-
stücke hergestellt. Schon vor Ende der Monar-
chie entdeckten neben der Aristokratie verstärkt
private Auftraggeber aus dem Bürgertum, Indus-
trielle, Wissenschaftler und Persönlichkeiten des
öffentlichen Lebens dieses Medium zur Beto-
nung der eigenen Individualität und zur Verewi-
gung ihrer Taten.2 Persönliche Ereignisse aus dem
Leben, wie Hochzeit, Geburt, Jubiläum und Tod,
wurden in diesen Präsenten mit Ewigkeitswert
festgehalten.3 Das Archiv der Universität Wien be-
wahrt eine umfangreiche Sammlung an Medail-
len zu Jubiläen, Kongressen, Gesellschaften, sowie
Auszeichnungen von einzelnen Persönlichkeiten
auf.4 Diese stehen in direkter Verbindung zu den
Denkmälern, da sie zumeist Personen zugeordnet
werden können, die ebenfalls durch ein Denkmal
im Arkadenhof vertreten sind. In ihrer Form und
Gestaltung erinnern sie an das entsprechende Me-
daillon des Denkmals. Es stellt sich daher die Fra- ge nach der vorbildhaften Funktion der Medaille
für das Großformat. Gleichzeitig wird die unter-
schiedliche Wirkung zwischen Klein- und Groß-
form deutlich. Weiters findet sich das Porträtme-
daillon häufig auch am Grabmal des Geehrten
wieder, wie an zahlreichen Grabdenkmälern
am Wiener Zentralfriedhof beobachtet werden
kann. Im Folgenden soll untersucht werden, ob
das wiederholte Einsetzen des Profilporträts nur
aus Sparsamkeitsgründen erfolgte oder ob nicht
der erhöhte Wiedererkennungswert der markan-
ten Züge auch eine Rolle spielte. Um nach dem
Grad der Idealisierung im Medaillon zu fragen,
liefern Porträtfotografien der geehrten Persön-
lichkeiten Anhaltspunkte zur Gegenüberstel-
lung. In vergleichender, quellenkritischer Ana-
lyse der Denkmäler, Medaillen, Grabmäler und
Porträtfotografien wird nach den Ausdrucks-
möglichkeiten des Typus Porträt
medaillon und
seiner Rezeption gefragt.
kaspar von zumbusch (1830–1915) und
arnold hartig (1878–1972)
Die beiden Bildhauer Kaspar von Zumbusch
und Arnold Hartig stehen im Zentrum dieser
Studie. Da beide Künstler zu unterschiedlichen
Zeiten tätig waren und daher auch ungleiche Sti-
le vertreten, erscheinen ihre Werke aus dem Ar-
kadenhof für einen kunsthistorischen Vergleich
besonders interessant. Kaspar von Zumbusch, geboren in West-
falen, studierte die Bildhauerkunst bei Johann
Halbig am polytechnischen Institut in Mün-
chen.5 Nach Studienaufenthalten in Italien
wurde Zumbusch durch mehrere Auftragsar-
beiten in Freising, Augsburg und München be-
kannt und 1872 an die Akademie der Bilden-
den Künste nach Wien berufen. Bis 1901 war
er als Professor an der Akademie tätig, zahlrei-
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2 Vgl. K. Schulz, Künstler, Graveure, Medailleure, in: Geld. 800 Jahre Münzstätte Wien, (Kat. zur Ausstellung im
Kunstforum Bank Austria Wien, 27. Juni–21. August 1994), Katalogredaktion Christian Bauer, Evelyn Benesch,
Wien 1994, S. 232 und L. Hölbling, Medaillen der Wissenschaft, Die Sammlungen des Archivs der Universität
Wien (Schriftenreihe des Universitätsarchivs, Universität Wien, 13. Band, hrsg. von Kurt Mühlberger und Franz
Skacel), Wien 1998, S. 15.
3 W. Steguweit, Europäische Medaillenkunst von der Renaissance bis zur Gegenwart, Münzkabinett Staatliche Mu-
seen zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Berlin 1995, S. 53.
4 Hölbling, Medaillen der Wissenschaft (zit. Anm. 2), S. 23–139.
5 M. Poch-Kalous, Wiener Plastik im 19. Jahrhundert, in: Geschichte der bildenden Kunst in Wien, Wien 1970,
S. 213.
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Der Arkadenhof der Universität Wien und die Tradition der Gelehrtenmemoria in Europa
- Titel
- Der Arkadenhof der Universität Wien und die Tradition der Gelehrtenmemoria in Europa
- Herausgeber
- Ingeborg Schemper-Sparholz
- Martin Engel
- Andrea Mayr
- Julia Rüdiger
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- WIEN · KÖLN · WEIMAR
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20147-2
- Abmessungen
- 18.5 x 26.0 cm
- Seiten
- 428
- Schlagwörter
- Scholars‘ monument, portrait sculpture, pantheon, hall of honour, university, Denkmal, Ehrenhalle, Memoria, Gelehrtenmemoria, Pantheon, Epitaph, Gelehrtenporträt, Büste, Historismus, Universität
- Kategorien
- Geschichte Chroniken