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32 JüdinnenundJuden,MobilitätundSex
sondernauchmitderWahlvonKünstlernamenzugenerieren.Diesevielfach
als vermeintlich jüdisch interpretiertePraxis illustriert dieKomplexität der
populärenKulturals jüdisch-nichtjüdischesInteraktionsfeld.MitdemMobilen
undInternationalenderpopulärenKulturentwickeltensichRollenverständnis-
sederVolkssängerin,der„Chantant-Mutter“,desEtablissementdirektorsund
desHumoristen.DieBühnenluftließaberauchmitperformativenStrategien
einesGender-BendingsherkömmlicheZuschreibungenvonGenderabseitsder
Bühnenfraglicherscheinen(Kapitel4).
DieSoubrettenundGesangsakrobatenbereiteten ihre Inhalte soauf,dass
ihnendasPublikuminder jeweiligenStadtzuFüßenlag.NachdemMobilität
diepopuläreKulturmaßgeblichbeeinflusste, ist esauchwenigverwunderlich,
dass sie sichmetaphorischwiepraktischaufdie Inhalteauswirkte.Zumeinen
zeigtdaspermanenteAdaptierenvongewissenThemeneindrucksvollgelebte
kulturelleÜbersetzungspraxis.Zumanderenerwies sich indiesemVermitteln
zwischenKulturengeradedieMetaphervonMobilitätalsbesondersnützlich,
umumkämpfteThemenundstrittige Inhalte aufgreifenundverhandeln zu
können.DieKünstler*innenspieltenmitnationalen,ethnischen, sozialen, reli-
giösenu.a.StereotypenundIdentifikationen.WennJüdinnenundJudenmit
scheinbarantisemitischenStereotypenunterhielten,„Böhmen“,„Ungarn“oder
„Afrikaner“darstelltenoderbourgeoisenAttitüdennachfühlten,wareinPubli-
kumshitbeinahesicher.DervermeintlichseichteHumorbeinhaltete jedoch
auchverstecktereInterpretationenundLesarten.Mobilität sollte fürderenEnt-
schlüsselungeineBeweglichkeit indenKöpfendesPublikumsherbeiführen.
ReisenfungiertealsMetapher, ‚jüdisch‘konnotierteRäumezuentwerfenund
angelehntanantisemitischeDiskursederZeitneueRollenzuentwickeln,um
mit ihnendendahinterstehendenAntisemitismus kritisch zuhinterfragen.
GrenzenvonGeschlechtkonntenaufgelockertwerdenundNationalismenver-
loren imGelächteranBoden.DieKünstler*innennutztendieMetapherdes
ReisensundderMobilität,umdemPublikumÄhnlichkeiten inDifferenzen
vorAugenzuführen(Kapitel5). InderTransformationvonGeschlechterrollen,
StereotypenundKategorisierungenwie ‚jüdisch‘ und ‚nichtjüdisch‘wardie
populäreKulturvisionär(Nachspiel).
1.5 QuellenzumEintauchenindieWeltpopulärerKultur
UmderartigeAspektebeleuchtenzukönnen,basiertAufdieTour aufunter-
schiedlichemhistorischemQuellenmaterial:61Manuskriptevonauftretenden
61 WienerStadt-undLandesarchiv(WStLA),ÖsterreichischesStaatsarchiv(OeStA),Niederöster-
reichischesLandesarchiv(NÖLA),ArchivdesVolksliedwerkes,ÖsterreichischesKabarettar-
© 2021 by Böhlau Verlag Ges.m.b.H & Co. KG, Wien
https://doi.org/10.7767/9783205211884 | CC BY 4.0
Auf die Tour!
Jüdinnen und Juden in Singspielhalle, Kabarett und Varieté
Zwischen Habsburgermonarchie und Amerika
- Titel
- Auf die Tour!
- Untertitel
- Jüdinnen und Juden in Singspielhalle, Kabarett und Varieté
- Autor
- Susanne Korbel
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21188-4
- Abmessungen
- 15.9 x 24.0 cm
- Seiten
- 272
- Kategorie
- Kunst und Kultur