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Bader, Badknechte, Reiberinnen und Gewandhüterinnen zu Rattenberg
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dem guten Gulden, weitere 100 Gulden, die ihr mit der Zeit zu entrichten waren,614
den Sack und das Fässchen mit Flachs samt allem gesponnenen Garn, ein Drittel der
fahrenden Habe, ausgenommen alles Werkzeug und die Arzneien. Die Einnahmen,
die seit dem Tod ihres Mannes aus Bad und Aderlassen erzielt wurden, sollten ihr
bleiben, doch musste sie davon die Knechte oder andere für diese Zeit bezahlen. Das
vorhandene Brennholz durfte sie bis Quatember Pfingsten für Bad und Haus ver-
heizen, vom übrig bleibenden Rest des Holzes erhielt sie ein Drittel. Gleichermaßen
durften ihre Knechte alles, was zum Verarzten notwendig war, bis zu diesem Termin
nehmen und brauchen, es sei zu frischen Wunden, Beinbrüchen oder anderem. Was sie
nicht verwendeten, musste an Ort und Stelle bleiben. Was zum Badebetrieb nötig war
wie Badewannen, Badeschaffe, Barbierbecken, Schröpfköpfe, Kännchen, Bademäntel,
Schöpfer, Instrumente in der Scherbank und anderswo, wie man es auch heißt, durfte
die Frau bis zum Pfingstquatember (12. Juni) nutzen. Wurde etwas verloren oder zer-
brochen, musste der Schaden gutgemacht werden. Nach diesem Termin hatte sie »alln
zeug und hausrat«, wie erwähnt, den Erben zuzustellen.
Alle andere Barschaft, Silbergeschirr, Männerschmuck und -kleidung fielen an die
Erbinnen. Die im Inventar vermerkten und nicht angezeigten »Schulden«,615 die noch
zur Sprache kommen könnten, standen ebenso ihnen allein zu wie Geld, Kleinode
und anderes, das Meister Matheus bei sich habe, wenn man ihn finde. Hatte Meister
Matheus in seinem Leben Schulden gemacht, mussten sie von den Erbinnen begli-
chen werden, ohne die Witwe zu belasten. Sollte dank Gottes Gnade Meister Matheus
gefunden werden, hatten sie ihn auf ihre Kosten in geweihtem Erdreich zu bestatten.
Alle Unkosten, die bisher aufgelaufen waren oder noch entstehen konnten (für Trauer-
gottesdienst, Spenden, Almosen an die Armen, Vertragsausfertigung, Beschreibung des
Inventars und was sich sonst gebührte), gingen zu Lasten der drei Schwestern. Sie-
gel- und Schreibgeld, Entlohnung der Prokuratoren hatte jeder Teil für sich zu tragen.
Beide Parteien erhielten je ein Exemplar des Erbvertrages. Außerhalb des Vertrages
wurde vereinbart, dass beide Teile dem »Maydl«, das Paungartner erzogen hatte und
von dem in der Verhandlung gesprochen worden war, eine angemessene Entschädi-
gung (»erbrige ergetzligkait«) geben sollten.616
Die ausführlich geschilderte Erbauseinandersetzung hat gezeigt, dass das Ratten-
berger Bad für eine Kleinstadt zumindest unter Paungartner sehr ordentlich ausgestat-
tet war. Der Wert der Arzneien wurde offensichtlich von den drei erbenden Schwestern
so hoch veranschlagt, dass sie sich sogleich ausdrücklich das alleinige Zugriffsrecht
darauf bestätigen ließen. Da vermutlich das meiste des Badgeschirrs, der Arzneien und
der chirurgischen Instrumente mit dem Geld der vermögenden Frau Meisterin gekauft
worden war, ist sie in dieser Hinsicht bei der Aufteilung zu kurz gekommen. Im Inven-
tar des verstorbenen Baders vermisst man die Erwähnung von Büchern der Wundarz-
nei, die von späteren Prüfungsgremien verlangt wurden. Offensichtlich war das zu
Im städtischen Bad vor 500 Jahren
Badhaus, Bader und Badegäste im alten Tirol
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Im städtischen Bad vor 500 Jahren
- Untertitel
- Badhaus, Bader und Badegäste im alten Tirol
- Autor
- Robert Büchner
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2014
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79509-4
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 202
- Kategorie
- Geographie, Land und Leute