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Bautätigkeit Herzog Leopolds VI.
ramente verwarfen , hatte der Papst das Kreuz predigen lassen419. Der Herzog kam
nach Südfrankreich , als bereits Vorbereitungen zu einem Konzil getroffen wur-
den. Es besteht kein Zweifel , dass Leopold VI. im Zusammenhang mit diesem
Kreuzzug gegen die Ketzer mit den zu dieser Zeit hochaktuellen Neuerungen der
kultischen Verehrung der Eucharistie und der Heiligen in der römischen Kirche
vertraut gemacht wurde. Der Herzog scheint von dieser Reise nach Frankreich
auch konkrete Eindrücke von der neuesten Sakralbaukunst mitgenommen zu
haben : Der gerade zu dieser Zeit vollendete Kreuzgang des Zisterzienserklos-
ters Fontfroide , das als Zentrum des Feldzugs gegen die Ketzer fungierte , wur-
de zum Vorbild für die Kreuzganganlagen von Lilienfeld ( vollendet 1230 ) und
Heiligenkreuz ( vollendet 1240 ) , die Leopold VI. und sein Sohn Friedrich der
Streitbare erbauen ließen.
Der bis hin zur Ketzerverfolgung im eigenen Land stets um die Verbreitung
und Durchsetzung des rechten Glaubens bemühte Herzog konnte sich gewiss als
Mitglied jener Elite betrachten , die sich zur Heiligkeit berufen fühlte. Gesteigert
wurde dieses Bewusstsein gewiss durch das Erlebnis und den glücklichen Ausgang
des Kreuzzugs ins Heilige Land von Juni 1217 bis Juni 1219 , an dem Leopold VI.
gemeinsam mit König Andreas II. von Ungarn und dessen Schwager Herzog Otto
von Meranien sowie mit zahlreichen Gefolgsleuten aus Österreich und Steiermark
teilgenommen hatte. Auf der Rückreise besuchte der Herzog Papst Honorius III.
( reg. 1216–1227 ) an dessen Hof in Rieti und wurde von diesem für seine Tapferkeit
und Einsatzbereitschaft ausdrücklich gelobt420.
Sowohl für das Prestige des Besitzers als auch als Mittel der persönlichen An-
dachtsfrömmigkeit waren die bei den Jerusalemfahrten erworbenen Reliquien
von großer Bedeutung. Im Jahre 1188 übergab Herzog Leopold V. im Rahmen
eines feierlichen Taidings in Mautern dem Kloster Heiligenkreuz die große Re-
liquie vom Kreuzesholz , die er 1182 auf seiner ersten Pilgerfahrt ins Heilige Land
erworben hatte421. 1219 brachte Leopold VI. von seinem Kreuzzug eine weitere
große Kreuzreliquie mit , die wahrscheinlich in Akkon erworben worden war
und die nun dem Stift Lilienfeld übereignet wurde422. König Andreas II. von
Ungarn , mit dem Herzog Leopold VI. gemeinsam von Spalato aus aufgebrochen
war , soll das Kreuzzugsunternehmen ganz besonders zur Erwerbung einer sehr
großen Menge von Reliquien benützt haben423 ; man geht daher wohl nicht fehl ,
wenn man – wie schon August Essenwein424 – annahm , dass auch Leopold VI.
einen reichhaltigen Bestand verschiedenster Reliquien vom Kreuzzug mit nach
Österreich gebracht hat.
Die Baukunst des 13. Jahrhunderts in Österreich
- Titel
- Die Baukunst des 13. Jahrhunderts in Österreich
- Autor
- Mario Schwarz
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2013
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78866-9
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 498
- Schlagwörter
- Medieval architecture, Austrian art, Medieval art, Austrian architecture, Architectural history, 13th century architecture
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
- Kunst und Kultur