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50 KatharinaManderscheid
(z.B. Dienstwagen) und -verschrottungen (z.B. Abwrackprämie), aber auch
durchPendlerpauschalen,BausparverträgeundEigenheimzulagen.Automo-
bilitäterscheint inderFolge immermehralsnormalerundquasinatürlicher
Ausdruck der Bedürfnisse von Individuen, sich selbstgesteuert und auto-
nom fortzubewegen.Hingegenwird der nicht-automobile Personenverkehr
primäralsDaseinsfürsorgeoderalsErgänzungzurautomobilenNormalität
konzipiert (Gegner2007).
DieNormalitätdesprivatenAutomobilskonntesichinderzweitenHälfte
des20.JahrhundertssowohlindieräumlicheGestaltderGesellschaftalsauch
indieLebensstileunddiealltäglicheLebensführunggeradedersogenannten
Mittelschichten einschreiben. Paradigmatisch steht hierfür der Traumvom
Einfamilienhaus am Stadtrand. In dieser Zeit, die durch die breite gesell-
schaftliche Teilhabe an der wirtschaftlichen Prosperität charakterisiert ist,
wurdenAutos für immerbreitereSchichtenerschwinglich.Gleichzeitig ver-
sprichtkaumeinAlltagsgegenstandsogroßeDistinktionsgewinne(Bourdieu
1996) wie das Auto über die Vielfalt derMarken und Typen und den damit
verknüpften Botschaften undBedeutungen. ImKontext des gegenwärtigen
Klimaschutzdiskurses gewinnt dann das E-Auto seine gesellschaftliche Be-
deutungundSymbolikdurchdessenEmissionsfreiheit (imFahrbetrieb)und
Geräuscharmut(Canzleretal.2018:84).Geradeinstädtisch-gutsituiertenMi-
lieus versprechenE-Autos,dashäufigals »schickesgrünesErgänzungsauto«
nebender»Rennreiselimousine«steht,neueDistinktionsgewinneimFeldder
nachhaltigenLebensführung (Sauter-Servaes2011: 35;Neckel2018).
Aufschlussreicherweist sichzudemeineweitereEntwicklungimBereich
derdiskursivenGrundlagenderVerkehrs-undFahrzeugentwicklung,dievon
Sauter-Servaes (2011: 29ff.) herausgearbeitetePerspektivenverschiebung,die
mit derDurchsetzungdesVerbrennungs- gegenüber demE-Auto zumTra-
genkommt:Zunächstund inderhistorischspezifischenLogikderElektrifi-
zierungderGesellschaftwurdendie frühenE-AutosalsElemente einesSys-
tems»elektrifizierterVerkehr«konzipiert.MitderweiterenEntwicklungdes
BenzinautossetztesichdiefahrzeugorientiertePerspektivedurch,diehomo-
log zur individualisiertenGesellschaft erscheint. In der Folgezeit orientiert
sich die Entwicklung des E-Autos amVerbrennungsfahrzeug, kann jedoch
imVergleich nur defizitär erscheinen (Weider/Rammler 2011: 7). Und auch
inderGegenwart zielt derdominanteKonversionsansatz auf ein vollständi-
ges Funktionsäquivalent für das Benzinauto (Sauter-Servaes 2011: 36).We-
nigerprominentwerdenhingegenalternative verkehrs-systemischeAnsätze
wiedas»Vehicle-To-Grid«Szenarioverfolgt,beidemdieBatterievonE-Autos
Baustelle Elektromobilität
Sozialwissenschaftliche Perspektiven auf die Transformation der (Auto-)Mobilität
- Titel
- Baustelle Elektromobilität
- Untertitel
- Sozialwissenschaftliche Perspektiven auf die Transformation der (Auto-)Mobilität
- Autor
- Achim Brunnengräber
- Herausgeber
- Tobias Haas
- Verlag
- transcript Verlag
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-5165-6
- Abmessungen
- 14.8 x 22.5 cm
- Seiten
- 450
- Schlagwörter
- Auto, Elektromobilität, Transformation, Rohstoffpolitik, Wertschöpfungsketten, Verkehrswende, Bewegung, Autonomes Fahren
- Kategorie
- Technik