Seite - 321 - in Bildspuren – Sprachspuren - Postkarten als Quellen zur Mehrsprachigkeit in der späten Habsburger Monarchie
Bild der Seite - 321 -
Text der Seite - 321 -
„Gegen die feindliche Fremdherrschaft“ | 321
des Deutschen, sowie solche, die gegenüber dem Thema Zweisprachigkeit indif-
ferent waren und beim Kaufen und Versenden von Postkarten diesen Aspekt ig-
norierten. Wir beobachten die damaligen sprachlichen Verhältnisse also post fac-
tum anhand eines Kommunikationsmittels, das aufgrund seiner halb privaten Na-
tur die Grenze zwischen öffentlicher und privater Sphäre verwischt und so einen
Einblick in die Sprachpräferenzen der Absender gewährt. In diesem Ort waren
demnach auch andere Sprachpraktiken präsent, und dies in einem solchen Aus-
maß, dass es sich für Verleger offensichtlich auszahlte, auch deutsche und zwei-
sprachige Ansichtskarten anzubieten.
Wie wir der Beschwerde des örtlichen Schulrates entnehmen können, wurde
die skizzierte untersteirische Sprachrealität der Spätzeit der Monarchie von der
siegreichen slowenisch-nationalistischen Rhetorik, die auf dem heutigen sloweni-
schen Territorium in den ersten Nachkriegsjahren dominierte, bestenfalls nicht be-
achtet, wenn nicht explizit verschwiegen. Gleichzeitig waren die neuen sloweni-
schen Machthaber bestrebt, im Bereich des ehemaligen Kronlandes Steiermark,
das sie verwaltungstechnisch und militärisch beherrschten, mithilfe einer Reihe
von administrativen Maßnahmen auch real dazu beizutragen, aus einer Gegend, in
der die deutschen und slowenischen lokalen Sprachvarianten jahrhundertelang
koexistiert hatten und in der die modernen Standardvarietäten des Deutschen und
Slowenischen zumindest seit Mitte des 19. Jahrhunderts in Kontakt gestanden wa-
ren, nun ein sprachlich homogenes, gänzlich slowenisiertes Territorium zu ma-
chen. Ziel dieses Beitrags ist es daher, in der Folge zu zeigen, wie diese Umwand-
lung der Untersteiermark in der Nachkriegszeit vonstattenging und dieser ehema-
lige südliche Teil des Kronlands Steiermark als Slowenische Steiermark (Slo-
venska Štajerska) zu einem integralen Bestandteil des slowenischen nationalen
Raumes im Rahmen des südslawischen Königreichs wurde. Insbesondere soll da-
bei gezeigt werden, wie sich die administrativen Slowenisierungsbestrebungen in
erhaltenen Ansichtskarten widerspiegeln.
Sprachlicher Exklusivismus und ethnolinguistischer
Nationalismus in der Untersteiermark – bis zum Zerfall
Österreich-Ungarns
Die Rhetorik eines sprachlichen Exklusivismus, mit der die Bezirksschulvertreter
aus Šmarje ihre Forderung nach Abschaffung des Deutschen in den lokalen Volks-
schulen untermauerten, klang zu Beginn des Jahres 1919 überzeugend, entsprach
sie doch dem Bild, das damals im öffentlichen Diskurs dominierte – das Bild Ös-
Bildspuren – Sprachspuren
Postkarten als Quellen zur Mehrsprachigkeit in der späten Habsburger Monarchie
- Titel
- Bildspuren – Sprachspuren
- Untertitel
- Postkarten als Quellen zur Mehrsprachigkeit in der späten Habsburger Monarchie
- Autoren
- Karin Almasy
- Heinrich Pfandl
- Herausgeber
- Eva Tropper
- Verlag
- transcript Verlag
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-4998-1
- Abmessungen
- 14.8 x 22.5 cm
- Seiten
- 346
- Schlagwörter
- Postkarte, Mehrsprachigkeit, Habsburger Monarchie, Alltagsgeschichte, Kurznachrichtenträger, Alltagskommunikation, Fotografie, Untersteiermark, Mikrogeschichte, Eisenbahn, Tourismus
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen