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„Gegen die feindliche Fremdherrschaft“ | 333
Ab Jänner 1919 erzählten neben den slowenisierten Ortsnamen und einspra-
chigen Poststempeln auch die auf die Karten geklebten Briefmarken vom Um-
bruch und der neuen offiziellen Ideologie, die in der slowenischen Steiermark von
den neuen Machthabern verbreitet wurde. Nach dem Zerfall der Donaumonarchie
wurden die allgegenwärtigen österreichischen Briefmarken mit der habsburgi-
schen Symbolik von Marken mit dem Bild eines athletisch gebauten, fast gänzlich
unbekleideten, stilisierten Unterjochten abgelöst, den der Betrachter in einem Mo-
ment erlebt, als dieser gerade seine Ketten sprengt. Über dem Bild befand sich die
Aufschrift „Država SHS“ [Staat SHS] in kyrillischen, darunter dieselbe in lateini-
schen Lettern. Die Darstellung des Kettensprengers, vor der Morgenröte der Frei-
heit und – in einer Variante – dem Triglav als Symbol des Slowenentums im Hin-
tergrund stehend, erzählte allegorisch vom historischen Akt der Befreiung des slo-
wenischen Volkes vom österreich-ungarischen Joch. Dieses Bild, eine Art slowe-
nische „Marianne“, das sogar sein Schöpfer, der Maler Ivan Vavpotič, später
selbstkritisch als „einen glatten symbolischen Kitsch, nicht mehr und nicht weni-
ger“ bezeichnete21, war zweifellos eine hervorragende Visualisierung des ange-
sagten politischen Narrativs seiner Zeit. Diese Briefmarken bekamen später unter
Sammlern den Namen verigar ('Kettensprenger').22
Abb. 6: Marke des SHS-Staates mit Kettensprenger im Vordergrund
und Symbolbild des Triglav im Hintergrund.
Quelle: Knjižnica Ivana Potrča Ptuj (polos.821)
21 Miran Vardjan, „Kako so se rojevale prve slovenske znamke – verigarji‘“, in: Nataša
Urbanc (Hg.), Slovenija od prve svetovne vojne do koroškega plebiscita in Rapalla,
Ljubljana 2000, S. 55-78, hier S. 57.
22 Iztok Durjava, „Slikar Ivan Vavpotič in ‚verigar‘“, in: Nataša Urbanc (Hg.), Slovenija
od prve“, S. 51–54. Miran Vardjan, „Kako so se rojevale‘“, S. 55-78.
Bildspuren – Sprachspuren
Postkarten als Quellen zur Mehrsprachigkeit in der späten Habsburger Monarchie
- Titel
- Bildspuren – Sprachspuren
- Untertitel
- Postkarten als Quellen zur Mehrsprachigkeit in der späten Habsburger Monarchie
- Autoren
- Karin Almasy
- Heinrich Pfandl
- Herausgeber
- Eva Tropper
- Verlag
- transcript Verlag
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-4998-1
- Abmessungen
- 14.8 x 22.5 cm
- Seiten
- 346
- Schlagwörter
- Postkarte, Mehrsprachigkeit, Habsburger Monarchie, Alltagsgeschichte, Kurznachrichtenträger, Alltagskommunikation, Fotografie, Untersteiermark, Mikrogeschichte, Eisenbahn, Tourismus
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen