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3 Umwelt in Gesellschaft, Politik & Recht
own needs” (WCED 1987, S. 43). Mit einem Abstand von bald fünf Jahrzehnten
muss man konstatieren: Die meisten Maßnahmen, die zu nachhaltiger Entwicklung
führen sollten, blieben halbherzige Kurskorrekturen in kleinem Maßstab. Auch des-
halb ist der Begriff „Nachhaltigkeit“ in die Krise geraten, nach seiner recht steilen
Karriere in den öffentlichen Debatten ab den 1970er-Jahren.
Umso bemerkenswerter war 2011 die Publikation des Jahresgutachtens des Wissen-
schaftlichen Beirats der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen (WBGU) in
Deutschland, das erstmals in dieser Deutlichkeit von der Notwendigkeit einer „Großen
Transformation“ sprach. Der WBGU sieht die Transformation zu einer nachhaltigen,
klimaverträglichen Gesellschaft als offenen Suchprozess. Zwar ließen sich Nach-
haltigkeitsziele benennen, eine genaue Beschreibung eines anzustrebenden Endzustands
von Wirtschaft und Gesellschaft sei aber nicht möglich (WBGU 2011). Der WBGU
diagnostizierte also, dass wir zwar das Ziel kennen, aber nicht den Weg oder die mit
dem Ziel verbundenen, konkreten gesellschaftlichen Veränderungen.
Als historische Spezialisierung der Sozialen Ökologie (Haberl et al. 2016) kann Umwelt-
geschichte dazu beitragen, sich in diesen großen Fragen zu orientieren. Wer umwelt-
historisch informiert ist, denkt anders über die Bedingung der Möglichkeit einer nach-
haltigen Entwicklung nach. Nicht zuletzt lehrt der Blick in die Vergangenheit, dass
wir uns keine zu simplen und linearen Vorstellungen machen sollten – von Gesell-
schaft und Natur und davon, wie das eine auf das andere wirkt. Solche grundsätzli-
chen Einsichten sind wichtig, um die Rolle als Expertin oder Experte verantwortungs-
voll wahrnehmen und zur Lösung drängender Nachhaltigkeitsprobleme in der beruf-
lichen Praxis beitragen zu können.
3.4.2 Gesellschaftlicher Wandel ist Wandel des Umgangs
mit Natur
Seit Menschen vor etwa 10.000 Jahren zunächst im „fruchtbaren Halbmond“ sesshaft
wurden, waren die meisten von ihnen als Viehzüchter, Ackerbauern oder Fischer tätig.
Das blieb bis in die 1890er-Jahre so, um 1900 waren in Europa immer noch mehr als
die Hälfte der Menschen Bauern, derzeit sind es je nach Zählung 2 bis 5%. Wie war
dies möglich? Menschliche und tierische Arbeitskraft wurden durch fossile Energie
ersetzt, mit umfassenden Wirkungen auf den ländlichen Raum und die ländliche
Gesellschaft (Winiwarter 2013) (vgl. Beitrag 5.1).
Das hatte eine umfassende, auch den menschlichen Körper selbst erfassende Trans-
formation zur Folge. Körpergröße und Lebenserwartung sind gestiegen. Wir können
Geburten einleiten und oft den Tod hinauszögern, damit wandeln sich auch Familien-
strukturen und soziale Bedürfnisse. Die Menschheit hat, indem sie eine gesellschaft-
Umwelt- und Bioressourcenmanagement für eine nachhaltige Zukunftsgestaltung
- Titel
- Umwelt- und Bioressourcenmanagement für eine nachhaltige Zukunftsgestaltung
- Autoren
- Erwin Schmid
- Tobias Pröll
- Verlag
- Springer Spektrum
- Ort
- Wien
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 4.0
- ISBN
- 978-3-662-60435-9
- Abmessungen
- 17.3 x 24.6 cm
- Seiten
- 288
- Schlagwörter
- Umweltmanagement, Bioressourcen, Nachhaltigkeit, Sustainability, Universität für Bodenkultur
- Kategorien
- Naturwissenschaften Umwelt und Klima