Seite - 87 - in WAS BITS UND BÄUME VERBINDET - Digitalisierung nachhaltig gestalten
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Die Anfänge des Internets wurden von optimisti-
schen Visionen einer nicht kommerziellen Informa-
tionsgesellschaft begleitet, in der Wissen ein öf-
fentliches Gut und das Internet ein herrschaftsfreier
Raum1 ist, mit dem Zweck wissenschaftlichen Aus-
tauschs, Kommunikation, Vernetzung und Verbreitung
von Informationen. In den 1990er-Jahren wurde das
Internet dann für die kommerzielle Nutzung geöff-
net. Knapp 30 Jahre später ist ein Großteil des Inter-
nets zum Marktplatz geworden: Onlineshops und
kommerzielle Plattformen dienen dem Verkauf, die
restlichen Webseiten als potenzielle Werbe fläche. In
diesen Räumen verbringen Menschen durchschnitt-
lich drei Stunden pro Tag. Welche Folgen hat dies für
ihr Konsumverhalten, Nachhaltigkeit und unser ge-
sellschaftliches Wertesystem?
KOMMERZIELLE RÄUME VERÄNDERN DEN KONSUM
In digitalen Räumen geht es mal mehr, mal weni-
ger eindeutig ums Verkaufen. Unabhängig von Ort
und Uhrzeit stehen uns in Onlineshops unzählige
Konsum optionen aus allen Ecken der Welt offen. Und
diese Möglichkeiten werden rege genutzt: 67 Prozent
der Deutschen haben in den letzten drei Monaten on-
line eingekauft, 91 Prozent haben online nach Infor-
mationen zu Waren oder Dienstleistungen gesucht.2
Auch das digitale Marketing steigt rasant an. Mit
Wachstumsraten im zweistelligen Bereich wurden
2018 weltweit über 240 Milliarden Euro für digi-
tales Marketing ausgegeben, darunter am häufig-
Autor*innen: Vivian Frick & Rainer Rehak
Zur sozial-ökologischen Gestaltung digitaler Räume
sten Suchmaschinen-, Banner- und Social-Media-
werbung.3 Erste Forschungsergebnisse zeigen, dass
diese Onlinewerbung zu mehr Käufen führt als tra-
ditionelle Werbeformate wie TV, Radio oder Plakat-
werbung.4 Eine neue Qualität erreicht die Persona-
lisierung von Werbung und Angeboten – genannt
Microtargeting – durch On- und Offlinetracking so-
wie Big-Data-Auswertungen.5 Beim Onlinetracking
werden Online aktivitäten nachverfolgt, beispiels-
weise die besuchten Webseiten oder auch der Mail-
verkehr. Offlinetracking hingegen bezieht auch
physische Handlungen mit ein, es kann also z. B. per
Smartphone-Standort oder Gesichtserkennung er-
fasst werden, wer wie lange welche Geschäfte oder
Dienstleister besucht hat. Dementsprechend können
passende Angebote an entsprechende Personen ge-
sendet werden. Personalisierung von Werbung ist
offensichtlich aus Datenschutzperspektive proble-
matisch, jedoch auch aus Nachhaltigkeitsperspek-
tive. Denn sie kann Kaufabsichten und impulsive
Käufe noch stärker steigern als bisherige, analoge
Werbeformate.6
Natürlich ließen sich Onlineshops, Webseiten und
Marketing ebenso gut für die großflächige Förde-
rung nachhaltigen Konsums nutzen (siehe auch den
Beitrag von Gossen & Kampffmeyer). Bislang jedoch
geschieht dies in einem ungleich kleineren Ausmaß.
Der Anteil von Verbraucher*innen mit ethischen
Konsumansprüchen ist nach wie vor gering,7 ebenso
wie der Marktanteil ökologischer Produkte mit etwa
VERKAUFTES
INTERNET
DEBATTENBEITRAG
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WAS BITS UND BÄUME VERBINDET
Digitalisierung nachhaltig gestalten
- Titel
- WAS BITS UND BÄUME VERBINDET
- Untertitel
- Digitalisierung nachhaltig gestalten
- Autor
- Anja Höfner
- Herausgeber
- Vivian Frick
- Verlag
- oekom verlag
- Ort
- München
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-SA 3.0
- ISBN
- 978-3-96238-149-3
- Abmessungen
- 21.0 x 29.7 cm
- Seiten
- 152
- Schlagwörter
- Digitalisierung, Entwicklungszusammenarbeit, Politik, Ressourceneffizienz, Nachhaltigkeitskommunikation
- Kategorien
- Informatik
- Technik