Seite - 2 - in Blumen - Historisch-kritische Ausgabe
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Vorbemerkung
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Ăber den Entstehungsprozess der ErzĂ€hlung erfĂ€hrt man aus Tagebuch und Kor-
respondenzen wenig Explizites, offenbar arbeitete Schnitzler zu dieser Zeit parallel
an einigen kĂŒrzeren Texten. Am 11.11.1893 schrieb er an Olga Waissnix: âEine Art
VolksstĂŒck soll das nĂ€chste gröĂere âWerkâ sein; dazwischen wird auch manches klei-
nere, skizzenhafte u. novellistische entstehn können. Einige Kleinigkeiten hab ich
auch gemacht; sie sind aber nicht gut. ââ (Waissnix-Bw 281) Schnitzler blieb auch
weiterhin unzufrieden; genau einen Monat spĂ€ter berichtete er: â[V]iel mehr ver-
stimmt mich, daĂ ich seit geraumer Zeit vollkommen talentlos bin. Nicht zehn ge-
scheidte Zeilen bring ich hintereinander zusammen. ââ (Waissnix-Bw 284f.)
Die erste Datierung von H2 (vgl. H2 3,9a) stammt vom 17.12.1893. An diesem
Tag hielt Schnitzler in einem lÀngeren Tagebucheintrag seine auch in dieser Arbeits-
phase anhaltenden Schwierigkeiten beim Schreiben fest:
[S]eit Mz. nach W. fort ist â also seit bald anderthalb Jahren ist mir nichts
bedeutendes,â ach ĂŒberhaupt nichts rechtes mehr gelungen.â [âŠ] Was ich
beginne, schreitet nicht recht vor; jeder Schwung, alles göttliche fehlt.â Ich
fange an Ă€ngstlich zu werden. [âŠ] Ich wage mich kaum an meine PlĂ€ne. Ich
weiss nicht zu gestalten, ich kann einfach nichts. (Tb II,62)
âMz.â war Schnitzlers (ursprĂŒngliches) Tagebuch-KĂŒrzel fĂŒr die Schauspielerin Marie
(âMizziâ) GlĂŒmer, mit der ihn ab 1889 eine Beziehung verband, bis sie im August
1892 nach Wiesbaden (âW.â) engagiert wurde (vgl. Tb I,382). Kurz vor GlĂŒmers
RĂŒckkehr nach Wien erfuhr Schnitzler durch anonyme Briefe von ihrer âUntreueâ
(Tb II,11; 28.1.1893; vgl. auch Tb II,17; 29.3.1893). Der darauf folgende schwere
Konflikt â Schnitzler war erbittert und trotz GlĂŒmers Versöhnungsversuchen nicht
zur Verzeihung bereit â lĂ€sst sich anhand des Tagebuchs verfolgen.5
Ein zweiter biographischer Kontext erschlieĂt sich durch Tagebucheintragungen
zu Helene Kanitz, einer Patientin seines Vaters und angehenden SĂ€ngerin, die
Schnitzler um die Jahreswende 1886/87 kennengelernt hatte; sein VerhÀltnis mit ihr
dauerte mit Unterbrechungen etwa ein halbes Jahr (vgl. Tb I,212f. u. JiW 261f.). Im
Laufe des Jahres 1893 traf Schnitzler zufÀllig deren Onkel, der ihm mitteilte, seine
Nichte sei im Wahnsinn verstorben (JiW 262) â was sich spĂ€ter als Fehlinformation
herausstellte (vgl. Tb II,139; 30.4.1895).
Vor diesem lebensgeschichtlichen Hintergrund scheint sich der Stoff konkreti-
siert zu haben; zu Beginn des Jahres 1894 war offensichtlich auch die anfÀng-
liche Schreibkrise behoben: âNachm. plötzlich in Stimmung.â PlĂ€ne reihten sich
plötzlichâ, heiĂt es am 10.1.1894 im Tagebuch (Tb II,66). An diesem Tag arbeitete
Schnitzler an Blumen: Das Datum findet sich auf H2 23 (= *H2 31), die nÀchste Da-
tierung, â13/1.â, ist auf der unteren (gestrichenen) BlatthĂ€lfte von H2 30 (= *H2 38)
festgehalten.
Vom 13.1.1894 stammt auch eine Tagebucheintragung, die â neben der Notiz
âBlumen von Mz.ââ erstmals den Titel der entstehenden ErzĂ€hlung festhĂ€lt: âBlu-
5 Schnitzler berichtet darin ĂŒber Wiederbegegnungen (vgl. Tb II,20â25; 13., 14. u. 18.4.1893), GlĂŒ-
mers demĂŒtige Briefe (vgl. Tb II,33f.; 25. u. 30.5.1893), ihr Herumstreifen âvor [dem] Fensterâ und
ihre fortwÀhrenden Blumensendungen (Tb II,35; 31.5.1893), auch noch lange nach Fertigstellung
der ErzÀhlung.
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Buch Blumen - Historisch-kritische Ausgabe"
Blumen
Historisch-kritische Ausgabe
- Titel
- Blumen
- Untertitel
- Historisch-kritische Ausgabe
- Autor
- Arthur Schnitzler
- Herausgeber
- Isabella Schwentner
- Verlag
- De Gruyter Open Ltd
- Ort
- Berlin
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-11-056332-0
- Abmessungen
- 21.0 x 28.2 cm
- Seiten
- 284
- Kategorien
- Weiteres Belletristik