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74 WarderCoronavirus-Lockdownnotwendig?
Andererseits steckt auch hinter dem individuellen wie politischen
WunschnachschnellenLockerungenderPandemie-bedingtenRestriktionen
wahrscheinlichdieEinschätzung,manhabedieAusbreitungunterKontrolle
undkönnezurückzur ›altenNormalität‹ kommen.DochdiealteNormalität
steht immer unter Drohung des exponentiellen Wachstums der Fallzah-
len, wie Verlauf des Sommers 2020 in Ländern wie Israel, Belgien oder
in großen Teilen der Vereinigten Staaten deutlich wurde. Unterschätzung
des epidemiologischen Risikos geht in diesen Situationen einher mit der
SelbstüberschätzungeigenerMöglichkeiten.
Ineiner empirischenStudiewährendderPandemiekonntegezeigtwer-
den,wie sehr dieseWahrnehmungen das Verhalten beeinflusst haben und
wiederumdurchpolitischeEinstellungenselbstbefördertwurden [223].Das
HerunterspielenderGefahrenunddieAblehnungvonMaskenundanderen
StrategienbefördertedemnachdasVerhaltenderAnhängerinnenundAnhän-
ger der jeweiligen politisch Verantwortlichen. Diesmacht das Zusammen-
spiel von individuellenundpolitischenEinstellungenbesonders risikoreich,
wieetwaanderPandemie-EntwicklunginBrasilienoderanderAusbreitung
in republikanisch regiertenBundesstaatenderUSAzuerkennenwar. Inder
gleichen Studie ist jedoch auch untersucht worden,wie sich korrekte bzw.
korrigierteEinschätzungenderAusbreitungaufdieBereitschaft zurkörper-
lichenDistanzauswirkten.Wennrealisiertwurde,dassdieSzenarienbedroh-
licher sind als zuvor gedacht, stieg inder Tat dieBereitschaft zu einemder
EpidemieangepasstenVerhaltendeutlichan.
Eine große Herausforderung im Umgang mit dieser Problematik ist
die Kommunikation des Indikators Virusausbreitung gegenüber der Bevöl-
kerung. Diese wurde ebenfalls während der Pandemie empirisch in einer
Online-Studie in der Schweiz untersucht [224]. Dabei wurde unterschie-
den zwischen den täglichen Wachstumsraten und der Verdopplungszeit.
Die Befragten konntenmit der Verdopplungszeit besser umgehen als mit
Prozentzahlen.AuchhieralsowardasexponentielleWachstumeinVerständ-
nisproblem.
Ist dieses Einschätzungsproblem auf Bildungsdefizite zurückzuführen?
Offenbar nur zumTeil. EmpirischeUntersuchungenhabenLaien sowieEx-
pertinnenundExpertinnen[225]oderauchStudierendederÖkonomie[226]
befragt.GenerellkanndiesenStudienzufolgenichtdavonausgegangenwer-
den,dassMenschenmitentsprechenderBildungundExpertisedieseFehlein-
schätzungennicht unterlaufen.Fachexpertise scheint lediglich eine gewisse
geringereFehlerquotezusichern.
War der Coronavirus-Lockdown notwendig?
Versuch einer wissenschaftlichen Antwort
- Titel
- War der Coronavirus-Lockdown notwendig?
- Untertitel
- Versuch einer wissenschaftlichen Antwort
- Autor
- Dirk Richter
- Verlag
- transcript Verlag
- Ort
- Bielefelfd
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-5545-6
- Abmessungen
- 14.8 x 22.5 cm
- Seiten
- 192
- Schlagwörter
- Corona, Pandemie, Covid, Corona, Lockdown
- Kategorien
- Coronavirus
- Medien
- Medizin