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die Nutzung einer Smartphone-Tracing-App zur Rückverfolgung persönli-
cher Kontakte im Sinne des Prinzips der Freiwilligkeit gesetzlich geregelt.
Franz Ploner berichtet als unmittelbar Beteiligter über die für lange
Zeit äußerst kritische Versorgungssituation in den Krankenhäusern Nord-
italiens. Die überraschend große Anzahl an Erkrankten in dieser Region
veranlasste die italienische Gesellschaft für Anästhesie, Analgesie, Reani-
mation und Intensivmedizin (SIAARTI), frühzeitig ein Positionspapier zur
Frage der Rationalisierung und Rationierung knapper intensivmedizini-
scher Ressourcen in der Zeit der Krise zu verabschieden. Da vieles mit den
Grundrechten der italienischen Verfassung nicht in Einklang zu stehen
schien, wurde in der Lombardei eine regionale Task Force eingerichtet, de-
ren Aufgabe es war, die Verteilung von Intensivbetten und anderen knap-
pen Ressourcen zu regeln und transparent zu gestalten. Rückblickend sei,
so der Autor, nicht alles optimal abgelaufen, weshalb es einer intensiven,
rückblickenden Evaluierung des Vorgehens bedürfe, um für weitere kriti-
sche Situationen gerüstet zu sein.
Stefan Dinges stellt daraufhin der medizinethischen Sicht eine spezi-
fisch pflegeethische Perspektive zur Seite. Ausgangspunkte sind ein ein-
schlägiges Diskussionspapier der Akademie für Ethik in der Medizin sowie
seine persönlichen Erfahrungen als Ethikberater und Organisationsent-
wickler im Gesundheitssektor. Im Fokus seiner Analyseskizze stehen die
Auswirkungen der Corona-Krise in der stationären Altenhilfe. Hier traten,
bedingt durch den Stress der Krise, frühere Fehlentscheidungen und Ver-
säumnisse in der Gesundheitspolitik an der Schnittstelle von Krankenhaus
und Pflegeheim deutlich hervor. Um ein solidarisches, ethisch aufmerksa-
mes und auf den Einzelfall fokussiertes Gesundheitssystem weiterzuentwi-
ckeln, bedarf es, folgert Dinges, einer vermehrten Sorge um die Gesund-
heitsberufe.
Mit normativen Perspektiven aus Ethik und Recht beschäftigt sich im An-
schluss daran Sektion II. Hier widmet sich zunächst Martin M. Lintner in
seinem Beitrag noch einmal dem erwähnten Positionspapier der italieni-
schen Gesellschaft für Anästhesie, Analgesie, Reanimation und Intensiv-
medizin (SIAARTI). Die darin enthaltenen Empfehlungen für Triage-
Situationen wurden nicht unwidersprochen hingenommen. Sowohl die
italienische Ärztekammer (FNOMCeO) als auch die Nationale Pflegekam-
mer (FNOPI) stellten sich gegen das SIAARTI-Papier und forderten Ärz-
tinnen und Ärzte auf, den darin enthaltenen Empfehlungen nicht zu fol-
gen. Für die Behandlung sollten demnach jene Grundsätze angewendet
werden, die sich in der italienischen Verfassung und im deontologischen
Kodex der Ärztekammer finden. Gegen diese Angriffe haben sich wiede-
rum ein Mitglied der Nationalen Bioethikkommission sowie ein Mitglied
Einleitung
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https://doi.org/10.5771/9783748910589, am 02.10.2020, 10:33:08
Open Access - - https://www.nomos-elibrary.de/agb
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Buch Die Corona-Pandemie - Ethische, gesellschaftliche und theologische Reflexionen einer Krise"
Die Corona-Pandemie
Ethische, gesellschaftliche und theologische Reflexionen einer Krise
- Titel
- Die Corona-Pandemie
- Untertitel
- Ethische, gesellschaftliche und theologische Reflexionen einer Krise
- Autoren
- Wolfgang Kröll
- Johann Platzer
- Hans-Walter Ruckenbauer
- Herausgeber
- Walter Schaupp
- Verlag
- Nomos Verlagsgesellschaft
- Ort
- Baden-Baden
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-7489-1058-9
- Abmessungen
- 15.3 x 22.7 cm
- Seiten
- 448
- Schlagwörter
- Philosophie, Theologie, Gesellschaft, Gesundheitssystem, Biopolitik, Menschenwürde, Bioethik, Intensivmedizin, Gesundheitsethik, Covid-19, Triage, Ethik, Strafrecht und Grundrechte, Krankenhausseelsorge, Spiritual Care, Pflegeheim, Social Distancing
- Kategorien
- Coronavirus
- Medizin
- Recht und Politik