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bearbeitet werden und die Öffentlichkeit von Hauptverhandlungen fak-
tisch ausgeschlossen wird. Im Strafvollzug befindliche Gefangene vor einer
Infektion durch ein Besuchsverbot der Angehörigen zu schützen sei hinge-
gen vertretbar gewesen. Einer liberalen Demokratie und des damit verbun-
denen Schutzes von Grundrechten unwürdig sei es aber gewesen, be-
stimmte Straftätergruppen, die sich eigentlich auf freiem Fuß befunden
haben, um jeden Preis sofort in einem Gefangenenhaus unterzubringen,
so der Autor.
Manfred Novak beleuchtet darauffolgend die von der Bundesregie-
rung getroffenen Maßnahmen aus unions-, verfassungs- und universitäts-
rechtlicher Perspektive. Aus unionsrechtlicher Sicht sei es bei entsprechen-
der Beweisbarkeit der Gefährdung von Gesundheit gerechtfertigt, Ein-
schränkungen im Hinblick auf die Unionsbürgerfreiheiten vorzunehmen;
auch seien Eingriffe in Grund- und Freiheitsrechte, wenn sie der Aufrecht-
erhaltung der öffentlichen Ordnung, Sicherheit und Gesundheit dienen,
ebenfalls rechtfertigbar. Da auch ministerielle Verordnungskompetenzen
in Universitätsbelangen mit der universitären Autonomie als kompatibel
zu qualifizieren seien, kommt der Autor zusammenfassend zum Schluss,
dass die von der Regierung eingeführten Beschränkungen, unter Bedacht-
nahme auf den rechtlichen Rahmen und die vorgegebene Ausgangssituati-
on, als gerechtfertigt bewertet werden können.
Sektion III widmet sich unterschiedlichen Deutungen des Sozialen. Dazu
weiten die Beiträge von Jochen Ostheimer und Michael Rosenberger zu-
nächst den Blick auf das mindestens ebenso drängende Krisendispositiv
Klima/Umwelt und setzen beide Phänomene in ein Verhältnis. Jochen
Ostheimer betont zunächst die strukturellen Unterschiede zwischen der
Corona-Pandemie und der Klimakrise. Sie betreffen sowohl die Zeitstruk-
tur, die Kausalverhältnisse und die öffentliche Wahrnehmung als auch die
Akteure und ihre Rollen sowie die verfügbaren Handlungsmöglichkeiten.
Dem akuten und dramatischen Charakter der Corona-Pandemie mit dem
allgegenwärtigen Bild der Virus-Gestalt und der medialen Präsenz von
Fallzahlen und Katastrophenszenarien steht eine weitaus geringere An-
schaulichkeit des dauerhaften Klimawandels gegenüber, dessen Symboli-
sierungen gerade nicht den gewöhnlichen Tagesablauf prägen (Stichwort:
Maske versus Eisbär). Die Maßnahmen zur Eindämmung von Covid-19
bringen auf unterschiedlichen Ebenen Heldinnen und Helden hervor; ge-
gen den Klimawandel helfe, argumentiert Ostheimer, jedoch keine natio-
nalstaatliche Souveränität.
Demgegenüber setzt Michael Rosenberger auf die während der
Corona-Krise neu entdeckten Potenziale moderner Gesellschaften und
sieht darin einen Hoffnungsschimmer für den Umgang mit der Umwelt-
Einleitung
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https://doi.org/10.5771/9783748910589, am 02.10.2020, 10:33:08
Open Access - - https://www.nomos-elibrary.de/agb
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Buch Die Corona-Pandemie - Ethische, gesellschaftliche und theologische Reflexionen einer Krise"
Die Corona-Pandemie
Ethische, gesellschaftliche und theologische Reflexionen einer Krise
- Titel
- Die Corona-Pandemie
- Untertitel
- Ethische, gesellschaftliche und theologische Reflexionen einer Krise
- Autoren
- Wolfgang Kröll
- Johann Platzer
- Hans-Walter Ruckenbauer
- Herausgeber
- Walter Schaupp
- Verlag
- Nomos Verlagsgesellschaft
- Ort
- Baden-Baden
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-7489-1058-9
- Abmessungen
- 15.3 x 22.7 cm
- Seiten
- 448
- Schlagwörter
- Philosophie, Theologie, Gesellschaft, Gesundheitssystem, Biopolitik, Menschenwürde, Bioethik, Intensivmedizin, Gesundheitsethik, Covid-19, Triage, Ethik, Strafrecht und Grundrechte, Krankenhausseelsorge, Spiritual Care, Pflegeheim, Social Distancing
- Kategorien
- Coronavirus
- Medizin
- Recht und Politik