Seite - 59 - in Die Corona-Pandemie - Ethische, gesellschaftliche und theologische Reflexionen einer Krise
Bild der Seite - 59 -
Text der Seite - 59 -
spruch erfuhr. Gemäß dem Grundsatz der informationellen Selbstbestim-
mung obliegt es dem Individuum zu entscheiden, wofür seine Daten ge-
nutzt werden dürfen. Mit diesem Prinzip und mit einem eigenverantwort-
lichen Ansatz, der das gegenseitige Vertrauen zwischen Bevölkerung und
Behörden nicht untergräbt, ist nur die Freiwilligkeit der Nutzung verein-
bar. Deshalb müssten diejenigen, die zur Nutzung der Methode bereit
sind, dies „ohne äusseren Druck und im vollen Wissen um den möglichen
Nutzen und die Implikationen tun können.“ Die Alternative, nämlich eine
behördlich verordnete Nutzung des digitalen Contact Tracings, könne
nicht gerechtfertigt werden: Eine solche Teilnahmepflicht würde
„nicht nur zu stark in gewisse Rechtsgüter eingreifen, sondern den
Bürgerinnen und Bürgern auch eine falsche Sicherheit vermitteln. Das
wiederum könnte zu leichtsinnigem Verhalten führen und dadurch
insgesamt kontraproduktiv wirken. Zudem wäre die Durchsetzung
einer Teilnahmepflicht aufwändig und für die kontrollierten Personen
relativ einschneidend. Nicht zuletzt untergräbt eine Mitwirkungs-
pflicht tendenziell das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die
anordnenden staatlichen Stellen und läuft dem Solidaritätsgedanken
zuwider.“
Im Sinne des Prinzips der Freiwilligkeit müsse der Nutzung einer Tracing-
App daher umfassend informiert und ohne äußeren Druck zugestimmt
werden können.
Einbettung in Gesamtstrategie
Wie die Kommission festhält, ergibt sich aus dem Grundsatz der Verhält-
nismäßigkeit auch die Forderung, dass digitales Contact Tracing nur als
Teil einer breit angelegten und diverse Instrumente nutzenden Strategie
zur Bekämpfung der Pandemie in Betracht kommen kann. Zu diesen In-
strumenten gehören gemäß NEK-CNE insbesondere ein möglichst umfas-
sendes Testen wie auch das Contact Tracing mit analogen Mitteln. Werde
das digitale Contact Tracing genutzt, so müsse vor der Einführung der
Maßnahme geklärt sein, wie es in die Gesamtstrategie eingebettet werden
wird. Nach Meinung der Kommission sei zu jeder Zeit eine „transparente,
umfassende und regelmässige Kommunikation gegenüber der Bevölke-
rung über Ziele, Funktionsweise, Nutzen und Grenzen des digitalen Con-
3.2.4 Covid-19: Verlautbarungen der Schweizer Nationalen Ethikkommission
59
https://doi.org/10.5771/9783748910589, am 02.10.2020, 10:33:08
Open Access - - https://www.nomos-elibrary.de/agb
zurück zum
Buch Die Corona-Pandemie - Ethische, gesellschaftliche und theologische Reflexionen einer Krise"
Die Corona-Pandemie
Ethische, gesellschaftliche und theologische Reflexionen einer Krise
- Titel
- Die Corona-Pandemie
- Untertitel
- Ethische, gesellschaftliche und theologische Reflexionen einer Krise
- Autoren
- Wolfgang Kröll
- Johann Platzer
- Hans-Walter Ruckenbauer
- Herausgeber
- Walter Schaupp
- Verlag
- Nomos Verlagsgesellschaft
- Ort
- Baden-Baden
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-7489-1058-9
- Abmessungen
- 15.3 x 22.7 cm
- Seiten
- 448
- Schlagwörter
- Philosophie, Theologie, Gesellschaft, Gesundheitssystem, Biopolitik, Menschenwürde, Bioethik, Intensivmedizin, Gesundheitsethik, Covid-19, Triage, Ethik, Strafrecht und Grundrechte, Krankenhausseelsorge, Spiritual Care, Pflegeheim, Social Distancing
- Kategorien
- Coronavirus
- Medizin
- Recht und Politik