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Besuchsbeschränkungen
Menschen in Haft sind in ihren Kontakten zur Außenwelt von vornherein
stark beschränkt. Um den vorhandenen persönlichen und familiären Be-
ziehungen überhaupt eine Chance zu geben, sind sie – auch mit Blick auf
die Resozialisierung – dennoch wesentlich. Da durch Besuche ein Infekti-
onsrisiko besteht, war die Einschränkung der Besuchsmöglichkeiten im
Rahmen der COVID-19-Krise naheliegend. Vor diesem Hintergrund er-
mächtigte §10 Z 5 1. COVID-19-JuBG die BMJ, den Besuchsverkehr (§93
StVG) für die Dauer der vorläufigen COVID-19-Maßnahmen auf telefoni-
sche Kontakte zu beschränken oder sonstige Beschränkungen des Verkehrs mit
der Außenwelt vorzusehen, wobei sich für diese Beschränkungen keine wei-
tere Determinierung fand.43 Mit §5 der entsprechenden Verordnung44
wurde der Besuchsverkehr (§93 StVG), mit Ausnahme der Besuche von
Vertretern öffentlicher Stellen und von Betreuungseinrichtungen sowie
von Rechtsbeiständen (§96 StVG) letztlich bis zum 10.5.202045 auf telefo-
nische Kontakte beschränkt. Das Besuchsverbot zwischen 1. und 10.5.2020
wurde insofern gelockert, als ab diesem Zeitpunkt Besuche einzelner Perso-
nen zugelassen wurden, bei unter 14-jährigen Besuchern auch mit einer er-
wachsenen Begleitperson. Damit sollte einerseits gewährleistet werden,
dass Infektionen von Strafgefangenen und Vollzugspersonal mit CO-
VID-19 nach Möglichkeit verhindert werden, andererseits doch auch den
Rechten von Gefangenen entsprochen werden. Insgesamt kann diese Rege-
lung als verhältnismäßig eingestuft werden.
4.2
43 Eine inhaltsgleiche Ermächtigung sieht §9 Z 5 1. COVID-19-JuBG für den Be-
reich der U-Haft (§188 Abs 1 StPO) vor.
44 BGBl.II 120/2020.
45 BGBl.II 184/2020. Zur inhaltsgleichen Regelung für die U-Haft siehe §5 der Ver-
ordnung der BMJ, mit der zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 be-
sondere Vorkehrungen in Strafsachen getroffen werden (BGBl.II 113/2020 in der
Fassung BGBl.II 180/2020). Die Verordnung spricht hier allerdings von „Strafge-
fangenen“, wodurch die Anwendbarkeit der Beschränkungen auf U-Häftlinge in-
folge der Unschuldsvermutung (Art.6 Abs.2 EMRK) fraglich ist; siehe dazu
Birklbauer in Resch, Corona-HB Kap 16 Rz 42/1.
Alois Birklbauer
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https://doi.org/10.5771/9783748910589, am 02.10.2020, 10:33:08
Open Access - - https://www.nomos-elibrary.de/agb
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Buch Die Corona-Pandemie - Ethische, gesellschaftliche und theologische Reflexionen einer Krise"
Die Corona-Pandemie
Ethische, gesellschaftliche und theologische Reflexionen einer Krise
- Titel
- Die Corona-Pandemie
- Untertitel
- Ethische, gesellschaftliche und theologische Reflexionen einer Krise
- Autoren
- Wolfgang Kröll
- Johann Platzer
- Hans-Walter Ruckenbauer
- Herausgeber
- Walter Schaupp
- Verlag
- Nomos Verlagsgesellschaft
- Ort
- Baden-Baden
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-7489-1058-9
- Abmessungen
- 15.3 x 22.7 cm
- Seiten
- 448
- Schlagwörter
- Philosophie, Theologie, Gesellschaft, Gesundheitssystem, Biopolitik, Menschenwürde, Bioethik, Intensivmedizin, Gesundheitsethik, Covid-19, Triage, Ethik, Strafrecht und Grundrechte, Krankenhausseelsorge, Spiritual Care, Pflegeheim, Social Distancing
- Kategorien
- Coronavirus
- Medizin
- Recht und Politik