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Das Schloss
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einmischte und sogar andere Glocken zu arbeiten begannen, jetzt nicht mehr aus Not, sondern nur zum Spiel und im Überfluß der Freude. K. war, weil ihm viel daran lag, seine Schuld genau zu verstehen, sehr damit einverstanden, daß ihn der Wirt unter den Arm nahm und mit ihm aus diesem Lärm fortging, der sich immerfort noch steigerte, denn hinter ihnen – K. drehte sich gar nicht um, weil der Wirt und noch mehr, von der anderen Seite her, die Wirtin auf ihn einredeten – öffneten sich nun die Türen ganz, der Gang belebte sich, ein Verkehr schien sich dort zu entwickeln, wie in einem lebhaften, engen Gäßchen, die Türen vor ihnen warteten offenbar ungeduldig darauf, daß K. endlich vorüber komme, damit sie die Herren entlassen könnten, und in das alles hinein läuteten, immer wieder angeschlagen, die Glocken, wie um einen Sieg zu feiern. Nun endlich – sie waren schon wieder in dem stillen, weißen Hof, wo einige Schlitten warteten – erfuhr K. allmählich, worum es sich handelte. Weder der Wirt noch die Wirtin konnten begreifen, daß K. etwas Derartiges zu tun hatte wagen können. »Aber was hatte er denn getan?« Immer wieder fragte es K., konnte es aber lange nicht erfragen, weil die Schuld den beiden allzu selbstverständlich war und sie daher an seinen guten Glauben nicht im entferntesten dachten. Nur sehr langsam erkannte K. alles. Er war zu Unrecht in dem Gang gewesen, ihm war im allgemeinen höchstens, und dies nur gnadenweise und gegen jeden Widerruf, der Ausschank zugänglich. War er von einem Herrn vorgeladen, mußte er natürlich am Ort der Vorladung erscheinen, sich aber immer dessen bewußt bleiben – er hatte doch wohl wenigstens den üblichen Menschenverstand? -, daß er irgendwo war, wo er eigentlich nicht hingehörte, wohin ihn nur ein Herr, höchst widerwillig, nur, weil es eine amtliche Angelegenheit verlangte und entschuldigte, gerufen hatte. Er hatte daher schnell zu erscheinen, sich dem Verhör zu unterziehen, dann aber womöglich noch schneller zu verschwinden. Hatte er denn dort auf dem Gang gar nicht das Gefühl der schweren Ungehörigkeit gehabt? Aber wenn er es gehabt hätte, wie hätte er sich dort herumtreiben können wie ein Tier auf der Weide? Sei er nicht zu einem Nachtverhör vorgeladen gewesen, und wisse er nicht, warum die Nachtverhöre eingeführt sind? Die Nachtverhöre – und hier bekam K. eine neue Erklärung ihres Sinnes – hätten doch nur den Zweck, Parteien, deren Anblick den Herren bei Tag unerträglich wäre, abzuhören, schnell, in der Nacht, bei künstlichem Licht, mit der Möglichkeit, gleich nach dem Verhör alle Häßlichkeit im Schlaf zu vergessen. Das Benehmen K.s aber habe aller Vorsichtsmaßregeln gespottet. Selbst Gespenster verschwinden gegen Morgen, aber K. sei dort geblieben, die Hände in den Taschen, so, als erwarte er, daß, da er sich nicht entfernte, der ganze Gang mit allen Zimmern und Herren sich entfernen werde. Und dies wäre auch – dessen könne er auch sicher sein – ganz gewiß geschehen, wenn es nur irgendwie möglich wäre, denn das Zartgefühl der Herren sei grenzenlos. Keiner werde K. etwa 220
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Das Schloss
Titel
Das Schloss
Autor
Franz Kafka
Datum
1926
Sprache
deutsch
Lizenz
PD
Abmessungen
21.0 x 29.7 cm
Seiten
246
Schlagwörter
Roman, Literatur, Schriftsteller
Kategorien
Weiteres Belletristik
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