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auch mich der Bau und bekräftigt, was ich sage. – Nun aber überkommt mich
doch eine gewisse Lässigkeit und auf einem Platz, der zu meinen Lieblingen
gehört, rolle ich mich ein wenig zusammen, noch lange habe ich nicht alles
besichtigt, aber ich will ja auch noch weiter besichtigen bis zum Ende, ich
will hier nicht schlafen, nur der Lockung gebe ich nach, mich hier so
einzurichten, wie wenn ich schlafen wollte, nachsehen will ich, ob das hier
noch immer so gut gelingt wie früher. Es gelingt, aber mir gelingt es nicht
mich loszureißen, ich bleibe hier in tiefem Schlaf.
Ich habe wohl sehr lange geschlafen. Erst aus dem letzten von selbst sich
auflösenden Schlaf werde ich geweckt, der Schlaf muß nun schon sehr leicht
sein, denn ein an sich kaum hörbares Zischen weckt mich. Ich verstehe es
sofort, das Kleinzeug, viel zu wenig von mir beaufsichtigt, viel zu sehr von
mir geschont, hat in meiner Abwesenheit irgendwo einen neuen Weg gebohrt,
dieser Weg ist mit einem alten zusammengestoßen, die Luft verfängt sich dort
und das ergibt das zischende Geräusch. Was für ein unaufhörlich tätiges Volk
das ist und wie lästig sein Fleiß! Ich werde, genau horchend an den Wänden
meines Ganges, durch Versuchsgrabungen den Ort der Störung erst feststellen
müssen und dann erst das Geräusch beseitigen können. Übrigens kann der
neue Graben, wenn er irgendwie den Verhältnissen des Baues entspricht, als
neue Luftzuführung mir auch willkommen sein. Aber auf die Kleinen will ich
nun viel besser achten als bisher, keines darf geschont werden. Da ich große
Übung in solchen Untersuchungen habe, wird es wohl nicht lange dauern und
ich kann gleich damit beginnen, es liegen zwar noch andere Arbeiten vor,
aber diese ist die dringendste, es soll still sein in meinen Gängen. Dieses
Geräusch ist übrigens ein verhältnismäßig unschuldiges; ich habe es gar nicht
gehört, als ich kam, obwohl es gewiß schon vorhanden war; ich mußte erst
wieder völlig heimisch werden, um es zu hören, es ist gewissermaßen nur mit
dem Ohr des Hausbesitzers hörbar. Und es ist nicht einmal ständig, wie sonst
solche Geräusche zu sein pflegen, es macht große Pausen, das geht offenbar
auf Anstauungen des Luftstroms zurück. Ich beginne die Untersuchung, aber
es gelingt mir nicht, die Stelle, wo man eingreifen müßte, zu finden, ich
mache zwar einige Grabungen, aber nur aufs Geratewohl; natürlich ergibt sich
so nichts und die große Arbeit des Grabens und die noch größere des
Zuschüttens und Ausgleichens ist vergeblich. Ich komme gar nicht dem Ort
des Geräusches näher, immer unverändert dünn klingt es in regelmäßigen
Pausen, einmal wie Zischen, einmal aber wie Pfeifen. Nun, ich könnte es auch
vorläufig auf sich beruhen lassen, es ist zwar sehr störend, aber an der von
mir angenommenen Herkunft des Geräusches kann kaum ein Zweifel sein, es
wird sich also kaum verstärken, im Gegenteil, es kann auch geschehen, daß –
bisher habe ich allerdings niemals so lange gewartet – solche Geräusche im
Laufe der Zeit durch die weitere Arbeit der kleinen Bohrer von selbst
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Buch Der Bau"
Der Bau
- Titel
- Der Bau
- Autor
- Franz Kafka
- Datum
- 1931
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 21.0 x 29.7 cm
- Seiten
- 29
- Kategorien
- Weiteres Belletristik