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und es reizte ihn, daß sie durch ihr spätes Kommen auch noch in den
Abschluß dieses Tages Unruhe und Unordnung brachte. Sie war auch schuld
daran, daß er heute nicht zu Abend gegessen und daß er den für heute
beabsichtigten Besuch bei Elsa unterlassen hatte. Beides konnte er allerdings
noch dadurch nachholen, daß er jetzt in das Weinlokal ging, in dem Elsa
bedienstet war. Er wollte es auch noch später nach der Unterredung mit
Fräulein Bürstner tun.
Es war halb zwölf vorüber, als jemand im Treppenhaus zu hören war. K.,
der, seinen Gedanken hingegeben, im Vorzimmer so, als wäre es sein eigenes
Zimmer, laut auf und ab ging, flüchtete hinter seine Tür. Es war Fräulein
Bürstner, die gekommen war. Fröstelnd zog sie, während sie die Tür
versperrte, einen seidenen Schal um ihre schmalen Schultern zusammen. In
nächsten Augenblick mußte sie in ihr Zimmer gehen, in das K. gewiß um
Mitternacht nicht eindringen durfte; er mußte sie also jetzt ansprechen, hatte
aber unglücklicherweise versäumt, das elektrische Licht in seinem Zimmer
anzudrehen, so daß sein Vortreten aus dem dunklen Zimmer den Anschein
eines Überfalls hatte und wenigstens sehr erschrecken mußte. In seiner
Hilflosigkeit und da keine Zeit zu verlieren war, flüsterte er durch den
Türspalt: »Fräulein Bürstner.« Es klang wie eine Bitte, nicht wie ein Anruf.
»Ist jemand hier?« fragte Fräulein Bürstner und sah sich mit großen Augen
um. »Ich bin es«, sagte K. und trat vor. »Ach, Herr K.!« sagte Fräulein
Bürstner lächelnd. »Guten Abend«, und sie reichte ihm die Hand. »Ich wollte
ein paar Worte mit Ihnen sprechen, wollen Sie mir das jetzt erlauben?«
»Jetzt?« fragte Fräulein Bürstner, »muß es jetzt sein? Es ist ein wenig
sonderbar, nicht?« »Ich warte seit neun Uhr auf Sie.« »Nun ja, ich war im
Theater, ich wußte doch nichts von Ihnen.« »Der Anlaß für das, was ich Ihnen
sagen will, hat sich erst heute ergeben« »So, nun ich habe ja nichts
Grundsätzliches dagegen, außer daß ich zum Hinfallen müde bin. Also
kommen Sie auf ein paar Minuten in mein Zimmer. Hier könnten wir uns auf
keinen Fall unterhalten, wir wecken ja alle und das wäre mir unseretwegen
noch unangenehmer als der Leute wegen. Warten Sie hier, bis ich in meinem
Zimmer angezündet habe, und drehen Sie dann hier das Licht ab.« K. tat so,
wartete dann aber noch bis Fräulein Bürstner ihn aus ihrem Zimmer nochmals
leise aufforderte zu kommen. »Setzen Sie sich«, sagte sie und zeigte auf die
Ottomane, sie selbst blieb aufrecht am Bettpfosten trotz der Müdigkeit, von
der sie gesprochen hatte; nicht einmal ihren kleinen, aber mit einer Überfülle
von Blumen geschmückten Hut legte sie ab. »Was wollten Sie also? Ich bin
wirklich neugierig.« Sie kreuzte leicht die Beine. »Sie werden vielleicht
sagen«, begann K., »daß die Sache nicht so dringend war, um jetzt
besprochen zu werden, aber -« »Einleitungen überhöre ich immer«, sagte
Fräulein Bürstner. »Das erleichtert meine Aufgabe«, sagte K. »Ihr Zimmer ist
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Buch Der Prozeß"
Der Prozeß
- Titel
- Der Prozeß
- Autor
- Franz Kafka
- Datum
- 1926
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 21.0 x 29.7 cm
- Seiten
- 158
- Schlagwörter
- Roman, Literatur, Schriftsteller, Prozess
- Kategorien
- Weiteres Belletristik
Inhaltsverzeichnis
- Kapitel 1: Verhaftung - Gespräch mit Frau Grubach - Dann Fräulein Bürstner 5
- Kapitel 2: Erste Untersuchung 25
- Kapitel 3: Im leeren Sitzungssaal - Der Student - Die Kanzleien 37
- Kapitel 4: Die Freundin des Fräulein Bürstner 54
- Kapitel 5: Der Prügler 60
- Kapitel 6: Der Onkel - Leni 65
- Kapitel 7: Advokat - Fabrikant - Maler 80
- Kapitel 8: Kaufmann Block - Kündigung des Advokaten 116
- Kapitel 9: Im Dom 138
- Kapitel 10: Ende 155