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heute früh, gewissermaßen durch meine Schuld, ein wenig in Unordnung
gebracht worden, es geschah durch fremde Leute gegen meinen Willen und
doch, wie gesagt, durch meine Schuld; dafür wollte ich um Entschuldigung
bitten.« »Mein Zimmer?« fragte Fräulein Bürstner und sah statt des Zimmers
K. prüfend an. »Es ist so«, sagte K., und nun sahen beide einander zum
erstenmal in die Augen, »die Art und Weise, in der es geschah, ist an sich
keines Wortes wert.« »Aber doch das eigentlich Interessante«, sagte Fräulein
Bürstner. »Nein«, sagte K. »Nun«, sagte Fräulein Bürstner, »ich will mich
nicht in Geheimnisse eindrängen, bestehen Sie darauf, daß es uninteressant
ist, so will ich auch nichts dagegen einwenden. Die Entschuldigung, um die
Sie bitten, gebe ich Ihnen gern, besonders da ich keine Spur einer Unordnung
finden kann.« Sie machte, die flachen Hände tief an die Hüften gelegt, einen
Rundgang durch das Zimmer. Bei der Matte mit den Photographien blieb sie
stehen. »Sehen Sie doch!« rief sie. »Meine Photographien sind wirklich
durcheinandergeworfen. Das ist aber häßlich. Es ist also jemand
unberechtigterweise in meinem Zimmer gewesen.« K. nickte und verfluchte
im stillen den Beamten Kaminer, der seine öde, sinnlose Lebhaftigkeit
niemals zähmen konnte. »Es ist sonderbar«, sagte Fräulein Bürstner, »daß ich
gezwungen bin, Ihnen etwas zu verbieten, was Sie sich selbst verbieten
müßten, nämlich in meiner Abwesenheit mein Zimmer zu betreten.« »Ich
erklärte Ihnen doch, Fräulein«, sagte K. und ging auch zu den Photographien,
»daß nicht ich es war, der sich an Ihren Photographien vergangen hat; aber da
Sie mir nicht glauben, so muß ich also eingestehen, daß die
Untersuchungskommission drei Bankbeamte mitgebracht hat, von denen der
eine, den ich bei nächster Gelegenheit aus der Bank hinausbefördern werde,
die Photographien wahrscheinlich in die Hand genommen hat. Ja, es war eine
Untersuchungskommission hier«, fügte K. hinzu, da ihn das Fräulein mit
einem fragenden Blick ansah. »Ihretwegen?« fragte das Fräulein. »Ja«,
antwortete K. »Nein!« rief das Fräulein und lachte. »Doch«, sagte K.,
»glauben Sie denn, daß ich schuldlos bin?« »Nun, schuldlos… « sagte das
Fräulein, »ich will nicht gleich ein vielleicht folgenschweres Urteil
aussprechen, auch kenne ich Sie doch nicht, es muß doch schon ein schwerer
Verbrecher sein, dem man gleich eine Untersuchungskommission auf den
Leib schickt. Da Sie aber doch frei sind - ich schließe wenigstens aus Ihrer
Ruhe, daß Sie nicht aus dem Gefängnis entlaufen sind - so können Sie doch
kein solches Verbrechen begangen haben.« »Ja«, sagte K., »aber die
Untersuchungskommission kann doch eingesehen haben, daß ich unschuldig
bin oder doch nicht so schuldig, wie angenommen wurde.« »Gewiß, das kann
sein«, sagte Fräulein Bürstner sehr aufmerksam. »Sehen Sie«, sagte K., »Sie
haben nicht viel Erfahrung in Gerichtssachen.« »Nein, das habe ich nicht«,
sagte Fräulein Bürstner, »und habe es auch schon oft bedauert, denn ich
möchte alles wissen, und gerade Gerichtssachen interessieren mich ungemein.
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Der Prozeß
- Titel
- Der Prozeß
- Autor
- Franz Kafka
- Datum
- 1926
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 21.0 x 29.7 cm
- Seiten
- 158
- Schlagwörter
- Roman, Literatur, Schriftsteller, Prozess
- Kategorien
- Weiteres Belletristik
Inhaltsverzeichnis
- Kapitel 1: Verhaftung - Gespräch mit Frau Grubach - Dann Fräulein Bürstner 5
- Kapitel 2: Erste Untersuchung 25
- Kapitel 3: Im leeren Sitzungssaal - Der Student - Die Kanzleien 37
- Kapitel 4: Die Freundin des Fräulein Bürstner 54
- Kapitel 5: Der Prügler 60
- Kapitel 6: Der Onkel - Leni 65
- Kapitel 7: Advokat - Fabrikant - Maler 80
- Kapitel 8: Kaufmann Block - Kündigung des Advokaten 116
- Kapitel 9: Im Dom 138
- Kapitel 10: Ende 155