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gezogen. Er bedauerte seinen Plan, der ihm zuerst so praktisch erschienen
war. Vor dem fünften Stockwerk entschloß er sich, die Suche aufzugeben,
verabschiedete sich von einem freundlichen, jungen Arbeiter, der ihn weiter
hinaufführen wollte, und ging hinunter. Dann aber ärgerte ihn wieder das
Nutzlose dieser ganzen Unternehmung, er ging nochmals zurück und klopfte
an die erste Tür des fünften Stockwerkes. Das erste, was er in dem kleinen
Zimmer sah, war eine große Wanduhr, die schon zehn Uhr zeigte. »Wohnt ein
Tischler Lanz hier?« fragte er. »Bitte«, sagte eine junge Frau mit schwarzen,
leuchtenden Augen, die gerade in einem Kübel Kinderwäsche wusch, und
zeigte mit der nassen Hand auf die offene Tür des Nebenzimmers.
K. glaubte in eine Versammlung einzutreten. Ein Gedränge der
verschiedensten Leute - niemand kümmerte sich um den Eintretenden - füllte
ein mittelgroßes, zweifenstriges Zimmer, das knapp an der Decke von einer
Galerie umgeben war, die gleichfalls vollständig besetzt war und wo die
Leute nur gebückt stehen konnten und mit Kopf und Rücken an die Decke
stießen. K., dem die Luft zu dumpf war, trat wieder hinaus und sagte zu der
jungen Frau, die ihn wahrscheinlich falsch verstanden hatte: »Ich habe nach
einem Tischler, einem gewissen Lanz, gefragt?« »Ja«, sagte die Frau, »gehen
Sie, bitte, hinein.« K. hätte ihr vielleicht nicht gefolgt, wenn die Frau nicht
auf ihn zugegangen wäre, die Türklinke ergriffen und gesagt hätte: »Nach
Ihnen muß ich schließen, es darf niemand mehr hinein.« »Sehr vernünftig«,
sagte K., »es ist aber jetzt schon zu voll.« Dann ging er aber doch wieder
hinein.
Zwischen zwei Männern hindurch, die sich unmittelbar bei der Tür
unterhielten - der eine machte mit beiden, weit vorgestreckten Händen die
Bewegung des Geldaufzählens, der andere sah ihm scharf in die Augen -,
faßte eine Hand nach K. Es war ein kleiner, rotbäckiger Junge. »Kommen Sie,
kommen Sie«, sagte er. K. ließ sich von ihm führen, es zeigte sich, daß in dem
durcheinanderwimmelnden Gedränge doch ein schmaler Weg frei war, der
möglicherweise zwei Parteien schied; dafür sprach auch, daß K. in den ersten
Reihen rechts und links kaum ein ihm zugewendetes Gesicht sah, sondern nur
die Rücken von Leuten, welche ihre Reden und Bewegungen nur an Leute
ihrer Partei richteten. Die meisten waren schwarz angezogen, in alten, lang
und lose hinunterhängenden Feiertagsröcken. Nur diese Kleidung beirrte K.,
sonst hätte er das Ganze für eine politische Bezirksversammlung angesehen.
Am anderen Ende des Saales, zu dem K. geführt wurde, stand auf einem
sehr niedrigen, gleichfalls überfüllten Podium ein kleiner Tisch, der Quere
nach aufgestellt, und hinter ihm, nahe am Rand des Podiums, saß ein kleiner,
dicker, schnaufender Mann, der sich gerade mit einem hinter ihm Stehenden -
dieser hatte den Ellbogen auf die Sessellehne gestützt und die Beine gekreuzt
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Der Prozeß
- Titel
- Der Prozeß
- Autor
- Franz Kafka
- Datum
- 1926
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 21.0 x 29.7 cm
- Seiten
- 158
- Schlagwörter
- Roman, Literatur, Schriftsteller, Prozess
- Kategorien
- Weiteres Belletristik
Inhaltsverzeichnis
- Kapitel 1: Verhaftung - Gespräch mit Frau Grubach - Dann Fräulein Bürstner 5
- Kapitel 2: Erste Untersuchung 25
- Kapitel 3: Im leeren Sitzungssaal - Der Student - Die Kanzleien 37
- Kapitel 4: Die Freundin des Fräulein Bürstner 54
- Kapitel 5: Der Prügler 60
- Kapitel 6: Der Onkel - Leni 65
- Kapitel 7: Advokat - Fabrikant - Maler 80
- Kapitel 8: Kaufmann Block - Kündigung des Advokaten 116
- Kapitel 9: Im Dom 138
- Kapitel 10: Ende 155