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ausgestreckten Händen die Vorhänge zusammenknüllte. Die Tür hatte sich
noch kaum geschlossen, als der Onkel ausrief: »Endlich ist der Hampelmann
weggegangen, jetzt können doch auch wir gehen. Endlich!« Es gab leider kein
Mittel, den Onkel zu bewegen, in der Vorhalle, wo einige Beamte und Diener
herumstanden und die gerade auch der Direktor-Stellvertreter kreuzte, die
Fragen wegen des Prozesses zu unterlassen. »Also, Josef«, begann der Onkel,
während er die Verbeugungen der Umstehenden durch leichtes Salutieren
beantwortete, »jetzt sag mir offen, was es für ein Prozeß ist.« K. machte
einige nichtssagende Bemerkungen, lachte auch ein wenig, und erst auf der
Treppe erklärte er dem Onkel, daß er vor den Leuten nicht habe offen reden
wollen. »Richtig«, sagte der Onkel, »aber jetzt rede.« Mit geneigtem Kopf,
eine Zigarre in kurzen, eiligen Zügen rauchend, hörte er zu. »Vor allem,
Onkel«, sagte K., »handelt es sich gar nicht um einen Prozeß vor dem
gewöhnlichen Gericht.« »Das ist schlimm«, sagte der Onkel. »Wie?« sagte K.
und sah den Onkel an. »Daß das schlimm ist, meine ich«, wiederholte der
Onkel. Sie standen auf der Freitreppe, die zur Straße führte; da der Portier zu
horchen schien, zog K. den Onkel hinunter; der lebhafte Straßenverkehr nahm
sie auf. Der Onkel, der sich in K. eingehängt hatte, fragte nicht mehr so
dringend nach dem Prozeß, sie gingen sogar eine Zeitlang schweigend weiter.
»Wie ist es aber geschehen?« fragte endlich der Onkel, so plötzlich
stehenbleibend, daß die hinter ihm gehenden Leute erschreckt auswichen.
»Solche Dinge kommen doch nicht plötzlich, sie bereiten sich seit langem
vor, es müssen Anzeichen dessen gewesen sein, warum hast du mir nicht
geschrieben? Du weißt, daß ich für dich alles tue, ich bin ja gewissermaßen
noch dein Vormund und war bis heute stolz darauf. Ich werde dir natürlich
auch jetzt noch helfen, nur ist es jetzt, wenn der Prozeß schon im Gange ist,
sehr schwer. Am besten wäre es jedenfalls, wenn du dir jetzt einen kleinen
Urlaub nimmst und zu uns aufs Land kommst. Du bist auch ein wenig
abgemagert, jetzt merke ich es. Auf dem Land wirst du dich kräftigen, das
wird gut sein, es stehen dir ja gewiß Anstrengungen bevor. Außerdem aber
wirst du dadurch dem Gericht gewissermaßen entzogen sein. Hier haben sie
alle möglichen Machtmittel, die sie notwendigerweise automatisch auch dir
gegenüber anwenden; auf das Land müßten sie aber erst Organe delegieren
oder nur brieflich, telegraphisch, telephonisch auf dich einzuwirken suchen.
Das schwächt natürlich die Wirkung ab, befreit dich zwar nicht, aber läßt dich
aufatmen.« »Sie könnten mir ja verbieten, wegzufahren«, sagte K., den die
Rede des Onkels ein wenig in ihren Gedankengang gezogen hatte. »Ich
glaube nicht, daß sie das tun werden«, sagte der Onkel nachdenklich, »so groß
ist der Verlust an Macht nicht, den sie durch deine Abreise erleiden.« »Ich
dachte«, sagte K. und faßte den Onkel unterm Arm, um ihn am Stehenbleiben
hindern zu können, »daß du dem Ganzen noch weniger Bedeutung beimessen
würdest als ich, und jetzt nimmst du es selbst so schwer.« »Josef«, rief der
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Buch Der Prozeß"
Der Prozeß
- Titel
- Der Prozeß
- Autor
- Franz Kafka
- Datum
- 1926
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 21.0 x 29.7 cm
- Seiten
- 158
- Schlagwörter
- Roman, Literatur, Schriftsteller, Prozess
- Kategorien
- Weiteres Belletristik
Inhaltsverzeichnis
- Kapitel 1: Verhaftung - Gespräch mit Frau Grubach - Dann Fräulein Bürstner 5
- Kapitel 2: Erste Untersuchung 25
- Kapitel 3: Im leeren Sitzungssaal - Der Student - Die Kanzleien 37
- Kapitel 4: Die Freundin des Fräulein Bürstner 54
- Kapitel 5: Der Prügler 60
- Kapitel 6: Der Onkel - Leni 65
- Kapitel 7: Advokat - Fabrikant - Maler 80
- Kapitel 8: Kaufmann Block - Kündigung des Advokaten 116
- Kapitel 9: Im Dom 138
- Kapitel 10: Ende 155