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gegenüberliegenden Wand bei weitem nicht. Und wirklich begann sich dort in
der Ecke etwas zu rühren. Im Licht der Kerze, die der Onkel jetzt hochhielt,
sah man dort, bei einem kleinen Tischchen, einen älteren Herrn sitzen. Er
hatte wohl gar nicht geatmet, das er so lange unbemerkt geblieben war. Jetzt
stand er umständlich auf, offenbar unzufrieden damit, daß man auf ihn
aufmerksam gemacht hatte. Es war, als wolle er mit den Händen, die er wie
kurze Flügel bewegte, alle Vorstellungen und Begrüßungen abwehren, als
wolle er auf keinen Fall die anderen durch seine Anwesenheit stören und als
bitte er dringend wieder um die Versetzung ins Dunkel und um das Vergessen
seiner Anwesenheit. Das konnte man ihm nun aber nicht mehr zugestehen.
»Ihr habt uns nämlich überrascht«, sagte der Advokat zur Erklärung und
winkte dabei dem Herrn aufmunternd zu, näherzukommen, was dieser
langsam, zögernd herumblickend und doch mit einer gewissen Würde tat,
»der Herr Kanzleidirektor - ach so, Verzeihung, ich habe nicht vorgestellt -
hier mein Freund Albert K., hier sein Neffe, Prokurist Josef K., und hier der
Herr Kanzleidirektor - der Herr Kanzleidirektor also war so freundlich, mich
zu besuchen. Den Wert eines solchen Besuches kann eigentlich nur der
Eingeweihte würdigen, welcher weiß, wie der Herr Kanzleidirektor mit Arbeit
überhäuft ist. Nun, er kam aber trotzdem, wir unterhielten uns friedlich,
soweit meine Schwäche es erlaubte, wir hatten zwar Leni nicht verboten,
Besuche einzulassen, denn es waren keine zu erwarten, aber unsere Meinung
war doch, daß wir allein bleiben sollten, dann aber kamen deine Fausthiebe,
Albert, der Herr Kanzleidirektor rückte mit Sessel und Tisch in den Winkel,
nun aber zeigt sich, daß wir möglicherweise, das heißt, wenn der Wunsch
danach besteht, eine gemeinsame Angelegenheit zu besprechen haben und
sehr gut wieder zusammenrücken können. - Herr Kanzleidirektor«, sagte er
mit Kopfneigen und unterwürfigem Lächeln und zeigte auf einen Lehnstuhl in
der Nähe des Bettes. »Ich kann leider nur noch ein paar Minuten bleiben«,
sagte der Kanzleidirektor freundlich, setzte sich breit in den Lehnstuhl und
sah auf die Uhr, »die Geschäfte rufen mich. Jedenfalls will ich nicht die
Gelegenheit vorübergehen lassen, einen Freund meines Freundes
kennenzulernen.« Er neigte den Kopf leicht gegen den Onkel, der von der
neuen Bekanntschaft sehr befriedigt schien, aber infolge seiner Natur Gefühle
der Ergebenheit nicht ausdrücken konnte und die Worte des Kanzleidirektors
mit verlegenem, aber lautem Lachen begleitete. Ein häßlicher Anblick! K.
konnte ruhig alles beobachten, denn um ihn kümmerte sich niemand, der
Kanzleidirektor nahm, wie es seine Gewohnheit schien, da er nun schon
einmal hervorgezogen war, die Herrschaft über das Gespräch an sich, der
Advokat, dessen erste Schwäche vielleicht nur dazu hatte dienen sollen, den
neuen Besuch zu vertreiben, hörte aufmerksam, die Hand am Ohre zu, der
Onkel als Kerzenträger - er balancierte die Kerze auf seinem Schenkel, der
Advokat sah öfter besorgt hin - war bald frei von Verlegenheit und nur noch
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Buch Der Prozeß"
Der Prozeß
- Titel
- Der Prozeß
- Autor
- Franz Kafka
- Datum
- 1926
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 21.0 x 29.7 cm
- Seiten
- 158
- Schlagwörter
- Roman, Literatur, Schriftsteller, Prozess
- Kategorien
- Weiteres Belletristik
Inhaltsverzeichnis
- Kapitel 1: Verhaftung - Gespräch mit Frau Grubach - Dann Fräulein Bürstner 5
- Kapitel 2: Erste Untersuchung 25
- Kapitel 3: Im leeren Sitzungssaal - Der Student - Die Kanzleien 37
- Kapitel 4: Die Freundin des Fräulein Bürstner 54
- Kapitel 5: Der Prügler 60
- Kapitel 6: Der Onkel - Leni 65
- Kapitel 7: Advokat - Fabrikant - Maler 80
- Kapitel 8: Kaufmann Block - Kündigung des Advokaten 116
- Kapitel 9: Im Dom 138
- Kapitel 10: Ende 155