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gehört hatte, einen Witz, der zum Verständnis eine Zeichnung erforderte, die
nun der Direktor-Stellvertreter, über K.s Tisch gebeugt, mit K.s Bleistift, den
er ihm aus der Hand nahm, auf dem Schreibblock ausführte, der für die
Eingabe bestimmt gewesen war.
Heute wußte K. nichts mehr von Scham, die Eingabe mußte gemacht
werden. Wenn er im Büro keine Zeit für sie fand, was sehr wahrscheinlich
war, dann mußte er sie zu Hause in den Nächten machen. Würden auch die
Nächte nicht genügen, dann mußte er einen Urlaub nehmen. Nur nicht auf
halbem Wege stehenbleiben, das war nicht nur in Geschäften, sondern immer
und überall das Unsinnigste. Die Eingabe bedeutete freilich eine fast endlose
Arbeit. Man mußte keinen sehr ängstlichen Charakter haben und konnte doch
leicht zu dem Glauben kommen, daß es unmöglich war, die Eingabe jemals
fertigzustellen. Nicht aus Faulheit oder Hinterlist, die den Advokaten allein an
der Fertigstellung hindern konnten, sondern weil in Unkenntnis der
vorhandenen Anklage und gar ihrer möglichen Erweiterungen das ganze
Leben in den kleinsten Handlungen und Ereignissen in die Erinnerung
zurückgebracht, dargestellt und von allen Seiten überprüft werden mußte.
Und wie traurig war eine solche Arbeit überdies. Sie war vielleicht geeignet,
einmal nach der Pensionierung den kindisch gewordenen Geist zu
beschäftigen und ihm zu helfen, die langen Tage hinzubringen. Aber jetzt, wo
K. alle Gedanken zu seiner Arbeit brauchte, wo jede Stunde, da er noch im
Aufstieg war und schon für den Direktor-Stellvertreter eine Drohung
bedeutete, mit größter Schnelligkeit verging und wo er die kurzen Abende
und Nächte als junger Mensch genießen wollte, jetzt sollte er mit der
Verfassung dieser Eingabe beginnen. Wieder ging sein Denken in Klagen aus.
Fast unwillkürlich, nur um dem ein Ende zu machen, tastete er mit dem
Finger nach dem Knopf der elektrischen Glocke, die ins Vorzimmer führte.
Während er ihn niederdrückte, blickte er zur Uhr auf. Es war elf Uhr, zwei
Stunden, eine lange, kostbare Zeit, hatte er verträumt und war natürlich noch
matter als vorher. Immerhin war die Zeit nicht verloren, er hatte Entschlüsse
gefaßt, die wertvoll sein konnten. Die Diener brachten außer verschiedener
Post zwei Visitenkarten von Herren, die schon längere Zeit auf K. warteten.
Es waren gerade sehr wichtige Kundschaften der Bank, die man eigentlich auf
keinen Fall hätte warten lassen sollen. Warum kamen sie zu so ungelegener
Zeit, und warum, so schienen wieder die Herren hinter der geschlossenen Tür
zu fragen, verwendete der fleißige K. für Privatangelegenheiten die beste
Geschäftszeit? Müde von dem Vorhergegangenen und müde das Folgende
erwartend, stand K. auf, um den ersten zu empfangen.
Es war ein kleiner, munterer Herr, ein Fabrikant, den K. gut kannte. Er
bedauerte, K. in wichtiger Arbeit gestört zu haben, und K. bedauerte
seinerseits, daß er den Fabrikanten so lange hatte warten lassen. Schon dieses
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Buch Der Prozeß"
Der Prozeß
- Titel
- Der Prozeß
- Autor
- Franz Kafka
- Datum
- 1926
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 21.0 x 29.7 cm
- Seiten
- 158
- Schlagwörter
- Roman, Literatur, Schriftsteller, Prozess
- Kategorien
- Weiteres Belletristik
Inhaltsverzeichnis
- Kapitel 1: Verhaftung - Gespräch mit Frau Grubach - Dann Fräulein Bürstner 5
- Kapitel 2: Erste Untersuchung 25
- Kapitel 3: Im leeren Sitzungssaal - Der Student - Die Kanzleien 37
- Kapitel 4: Die Freundin des Fräulein Bürstner 54
- Kapitel 5: Der Prügler 60
- Kapitel 6: Der Onkel - Leni 65
- Kapitel 7: Advokat - Fabrikant - Maler 80
- Kapitel 8: Kaufmann Block - Kündigung des Advokaten 116
- Kapitel 9: Im Dom 138
- Kapitel 10: Ende 155