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ich Ihnen nicht helfen wollte, ich antwortete: ›Der Mann kann ja einmal zu
mir kommen‹ und nun freue ich mich, Sie so bald hier zu sehen. Die Sache
scheint Ihnen ja sehr nahezugehen, worüber ich mich natürlich gar nicht
wundere. Wollen Sie vielleicht zunächst Ihren Rock ablegen?« Obwohl K.
beabsichtigte, nur ganz kurze Zeit hierzubleiben, war ihm diese Aufforderung
des Malers doch sehr willkommen. Die Luft im Zimmer war ihm allmählich
drückend geworden, öfters hatte er schon verwundert auf einen kleinen,
zweifellos nicht geheizten Eisenofen in der Ecke hingesehen, die Schwüle im
Zimmer war unerklärlich. Während er den Winterrock ablegte und auch noch
den Rock aufknöpfte, sagte der Maler, sich entschuldigend: »Ich muß Wärme
haben. Es ist hier doch sehr behaglich, nicht? Das Zimmer ist in dieser
Hinsicht sehr gut gelegen.« K. sagte nichts dazu, aber es war eigentlich nicht
die Wärme, die ihm Unbehagen machte, es war vielmehr die dumpfe, das
Atmen fast behindernde Luft, das Zimmer war wohl schon lange nicht
gelüftet. Diese Unannehmlichkeit wurde für K. dadurch verstärkt, daß ihn der
Maler bat, sich auf das Bett zu setzen, während er selbst sich auf den einzigen
Stuhl des Zimmers vor der Staffelei niedersetzte. Außerdem schien es der
Maler mißzuverstehen, warum K. nur am Bettrand blieb, er bat vielmehr, K.
möchte es sich bequem machen und ging, da K. zögerte, selbst hin und
drängte ihn tief in die Betten und Polster hinein. Dann kehrte er wieder zu
seinem Sessel zurück und stellte endlich die erste sachliche Frage, die K. alles
andere vergessen ließ. »Sie sind unschuldig?« fragte er. »Ja«, sagte K. Die
Beantwortung dieser Frage machte ihm geradezu Freude, besonders da sie
gegenüber einem Privatmann, also ohne jede Verantwortung erfolgte. Noch
niemand hatte ihn so offen gefragt. Um diese Freude auszukosten, fügte er
noch hinzu: »Ich bin vollständig unschuldig.« »So«, sagte der Maler, senkte
den Kopf und schien nachzudenken. Plötzlich hob er wieder den Kopf und
sagte: »Wenn Sie unschuldig sind, dann ist ja die Sache sehr einfach.« K.s
Blick trübte sich, dieser angebliche Vertrauensmann des Gerichtes redete wie
ein unwissendes Kind. »Meine Unschuld vereinfacht die Sache nicht«, sagte
K. Er mußte trotz allem lächeln und schüttelte langsam den Kopf. »Es kommt
auf viele Feinheiten an, in denen sich das Gericht verliert. Zum Schluß aber
zieht es von irgendwoher, wo ursprünglich gar nichts gewesen ist, eine große
Schuld hervor.« »Ja, ja, gewiß«, sagte der Maler, als störe K. unnötigerweise
seinen Gedankengang. »Sie sind aber doch unschuldig?« »Nun ja«, sagte K.
»Das ist die Hauptsache«, sagte der Maler. Er war durch Gegengründe nicht
zu beeinflussen, nur war es trotz seiner Entschiedenheit nicht klar, ob er aus
Überzeugung oder nur aus Gleichgültigkeit so redete. K. wollte das zunächst
feststellen und sagte deshalb: »Sie kennen ja gewiß das Gericht viel besser als
ich, ich weiß nicht viel mehr, als was ich darüber, allerdings von ganz
verschiedenen Leuten, gehört habe. Darin stimmten aber alle überein, daß
leichtsinnige Anklagen nicht erhoben werden und daß das Gericht, wenn es
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Buch Der Prozeß"
Der Prozeß
- Titel
- Der Prozeß
- Autor
- Franz Kafka
- Datum
- 1926
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 21.0 x 29.7 cm
- Seiten
- 158
- Schlagwörter
- Roman, Literatur, Schriftsteller, Prozess
- Kategorien
- Weiteres Belletristik
Inhaltsverzeichnis
- Kapitel 1: Verhaftung - Gespräch mit Frau Grubach - Dann Fräulein Bürstner 5
- Kapitel 2: Erste Untersuchung 25
- Kapitel 3: Im leeren Sitzungssaal - Der Student - Die Kanzleien 37
- Kapitel 4: Die Freundin des Fräulein Bürstner 54
- Kapitel 5: Der Prügler 60
- Kapitel 6: Der Onkel - Leni 65
- Kapitel 7: Advokat - Fabrikant - Maler 80
- Kapitel 8: Kaufmann Block - Kündigung des Advokaten 116
- Kapitel 9: Im Dom 138
- Kapitel 10: Ende 155