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einmal anklagt, fest von der Schuld des Angeklagten überzeugt ist und von
dieser Überzeugung nur schwer abgebracht werden kann.« »Schwer?« fragte
der Maler und warf eine Hand in die Höhe. »Niemals ist das Gericht davon
abzubringen. Wenn ich hier alle Richter nebeneinander auf eine Leinwand
male und Sie werden sich vor dieser Leinwand verteidigen, so werden Sie
mehr Erfolg haben als vor dem wirklichen Gericht.« »Ja«, sagte K. für sich
und vergaß, daß er den Maler nur hatte ausforschen wollen.
Wieder begann ein Mädchen hinter der Tür zu fragen: »Titorelli, wird er
denn nicht schon bald weggehen?« »Schweigt!« rief der Maler zur Tür hin,
»seht ihr denn nicht, daß ich mit dem Herrn eine Besprechung habe?« Aber
das Mädchen gab sich damit nicht zufrieden, sondern fragte: »Du wirst ihn
malen?« Und als der Maler nicht antwortete, sagte sie noch: »Bitte, mal ihn
nicht, einen so häßlichen Menschen.« Ein Durcheinander unverständlicher
zustimmender Zurufe folgte. Der Maler machte einen Sprung zur Tür, öffnete
sie bis zu einem Spalt - man sah die bittend vorgestreckten, gefalteten Hände
der Mädchen - und sagte: »Wenn ihr nicht still seid, werfe ich euch alle die
Treppe hinunter. Setzt euch hier auf die Stufen und verhaltet euch ruhig.«
Wahrscheinlich folgten sie nicht gleich, so daß er kommandieren mußte:
»Nieder auf die Stufen!« Erst dann wurde es still.
»Verzeihen Sie«, sagte der Maler, als er zu K. wieder zurückkehrte. K.
hatte sich kaum zur Tür hingewendet, er hatte es vollständig dem Maler
überlassen, ob und wie er ihn in Schutz nehmen wollte. Er machte auch jetzt
kaum eine Bewegung, als sich der Maler zu ihm niederbeugte und ihm, um
draußen nicht gehört zu werden, ins Ohr flüsterte: »Auch diese Mädchen
gehören zum Gericht.« »Wie?« fragte K., wich mit dem Kopf zur Seite und
sah den Maler an. Dieser aber setzte sich wieder auf seinen Sessel und sagte
halb im Scherz, halb zur Erklärung: »Es gehört ja alles zum Gericht.« »Das
habe ich noch nicht bemerkt«, sagte K. kurz, die allgemeine Bemerkung des
Malers nahm dem Hinweis auf die Mädchen alles Beunruhigende. Trotzdem
sah K. ein Weilchen lang zur Tür hin, hinter der die Mädchen jetzt still auf
den Stufen saßen. Nur eines hatte einen Strohhalm durch eine Ritze zwischen
den Balken gesteckt und führte ihn langsam auf und ab.
»Sie scheinen noch keinen Überblick über das Gericht zu haben«, sagte der
Maler, er hatte die Beine weit auseinandergestreckt und klatschte mit den
Fußspitzen auf den Boden. »Da Sie aber unschuldig sind, werden Sie ihn auch
nicht benötigen. Ich allein hole Sie heraus.« »Wie wollen Sie das tun?« fragte
K. »Da Sie doch vor kurzem selbst gesagt haben, daß das Gericht für
Beweisgründe vollständig unzugänglich ist.« »Unzugänglich nur für
Beweisgründe, die man vor dem Gericht vorbringt«, sagte der Maler und hob
den Zeigefinger, als habe K. eine feine Unterscheidung nicht bemerkt.
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Der Prozeß
- Titel
- Der Prozeß
- Autor
- Franz Kafka
- Datum
- 1926
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 21.0 x 29.7 cm
- Seiten
- 158
- Schlagwörter
- Roman, Literatur, Schriftsteller, Prozess
- Kategorien
- Weiteres Belletristik
Inhaltsverzeichnis
- Kapitel 1: Verhaftung - Gespräch mit Frau Grubach - Dann Fräulein Bürstner 5
- Kapitel 2: Erste Untersuchung 25
- Kapitel 3: Im leeren Sitzungssaal - Der Student - Die Kanzleien 37
- Kapitel 4: Die Freundin des Fräulein Bürstner 54
- Kapitel 5: Der Prügler 60
- Kapitel 6: Der Onkel - Leni 65
- Kapitel 7: Advokat - Fabrikant - Maler 80
- Kapitel 8: Kaufmann Block - Kündigung des Advokaten 116
- Kapitel 9: Im Dom 138
- Kapitel 10: Ende 155