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meinen Geschäftsfreunden, insbesondere aber unter meinen Verwandten,
fingen Gerüchte von meinem Prozeß sich zu verbreiten an, Schädigungen gab
es also von allen Seiten, aber nicht das geringste Anzeichen sprach dafür, daß
auch nur die erste Gerichtsverhandlung in der nächsten Zeit stattfinden würde.
Ich ging also zum Advokaten und beklagte mich. Er gab mir zwar lange
Erklärungen, lehnte es aber entschieden ab, etwas in meinem Sinne zu tun,
niemand habe Einfluß auf die Festsetzung der Verhandlung, in einer Eingabe
darauf zu dringen - wie ich es verlangte -, sei einfach unerhört und würde
mich und ihn verderben. Ich dachte: Was dieser Advokat nicht will oder kann,
wird ein anderer wollen und können. Ich sah mich also nach anderen
Advokaten um. Ich will es gleich vorwegnehmen: keiner hat die Festsetzung
der Hauptverhandlung verlangt oder durchgesetzt, es ist, allerdings mit einem
Vorbehalt, von dem ich noch sprechen werde, wirklich unmöglich,
hinsichtlich dieses Punktes hat mich also dieser Advokat nicht getäuscht; im
übrigen aber hatte ich es nicht zu bedauern, mich noch an andere Advokaten
gewendet zu haben. Sie dürften wohl von Dr. Huld auch schon manches über
die Winkeladvokaten gehört haben, er hat sie Ihnen wahrscheinlich als sehr
verächtlich dargestellt, und das sind sie wirklich. Allerdings unterläuft ihm
immer, wenn er von ihnen spricht und sich und seine Kollegen zu ihnen in
Vergleich setzt, ein kleiner Fehler, auf den ich Sie ganz nebenbei auch
aufmerksam machen will. Er nennt dann immer die Advokaten seines Kreises
zur Unterscheidung die ›großen Advokaten‹. Das ist falsch, es kann sich
natürlich jeder ›groß‹ nennen, wenn es ihm beliebt, in diesem Fall aber
entscheidet doch nur der Gerichtsgebrauch. Nach diesem gibt es nämlich
außer den Winkeladvokaten noch kleine und große Advokaten. Dieser
Advokat und seine Kollegen sind jedoch nur die kleinen Advokaten, die
großen Advokaten aber, von denen ich nur gehört und die ich nie gesehen
habe, stehen im Rang unvergleichlich höher über den kleinen Advokaten als
diese über den verachteten Winkeladvokaten.« »Die großen Advokaten?«
fragte K. »Wer sind denn die? Wie kommt man zu ihnen?« »Sie haben also
noch nie von ihnen gehört«, sagte der Kaufmann. »Es gibt kaum einen
Angeklagten, der nicht, nachdem er von ihnen erfahren hat, eine Zeitlang von
ihnen träumen würde. Lassen Sie sich lieber nicht dazu verführen. Wer die
großen Advokaten sind, weiß ich nicht, und zu ihnen kommen kann man wohl
gar nicht. Ich kenne keinen Fall, von dem sich mit Bestimmtheit sagen liege,
daß sie eingegriffen hätten. Manchen verteidigen sie, aber durch eigenen
Willen kann man das nicht erreichen, sie verteidigen nur den, den sie
verteidigen wollen. Die Sache, deren sie sich annehmen, mag aber wohl über
das niedrige Gericht schon hinausgekommen sein. Im übrigen ist es besser,
nicht an sie zu denken, denn sonst kommen einem die Besprechungen mit den
anderen Advokaten, deren Ratschläge und deren Hilfeleistungen so widerlich
und nutzlos vor, ich habe es selbst erfahren, daß man am liebsten alles
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Buch Der Prozeß"
Der Prozeß
- Titel
- Der Prozeß
- Autor
- Franz Kafka
- Datum
- 1926
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 21.0 x 29.7 cm
- Seiten
- 158
- Schlagwörter
- Roman, Literatur, Schriftsteller, Prozess
- Kategorien
- Weiteres Belletristik
Inhaltsverzeichnis
- Kapitel 1: Verhaftung - Gespräch mit Frau Grubach - Dann Fräulein Bürstner 5
- Kapitel 2: Erste Untersuchung 25
- Kapitel 3: Im leeren Sitzungssaal - Der Student - Die Kanzleien 37
- Kapitel 4: Die Freundin des Fräulein Bürstner 54
- Kapitel 5: Der Prügler 60
- Kapitel 6: Der Onkel - Leni 65
- Kapitel 7: Advokat - Fabrikant - Maler 80
- Kapitel 8: Kaufmann Block - Kündigung des Advokaten 116
- Kapitel 9: Im Dom 138
- Kapitel 10: Ende 155