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wohl wußte, daß er sich nur durch Arbeitserfolge erhalten könne und daß es,
wenn ihm das nicht gelänge, vollständig wertlos war, wenn er diesen Italiener
unerwarteterweise sogar bezaubern sollte; er wollte nicht einmal für einen Tag
aus dem Bereich der Arbeit geschoben werden, denn die Furcht, nicht mehr
zurückgelassen zu werden, war zu groß, eine Furcht, die er sehr genau als
übertrieben erkannte, die ihn aber doch beengte. In diesem Fall allerdings war
es fast unmöglich, einen annehmbaren Einwand zu erfinden, K.s Kenntnis des
Italienischen war zwar nicht sehr groß, aber immerhin genügend; das
Entscheidende aber war, daß K. aus früherer Zeit einige kunsthistorische
Kenntnisse besaß, was in äußerst übertriebener Weise dadurch in der Bank
bekanntgeworden war, daß K. eine Zeitlang, übrigens auch nur aus
geschäftlichen Gründen, Mitglied des Vereins zur Erhaltung der städtischen
Kunstdenkmäler gewesen war. Nun war aber der Italiener, wie man
gerüchteweise erfahren hatte, ein Kunstliebhaber, und die Wahl K.s zu seinem
Begleiter war daher selbstverständlich.
Es war ein sehr regnerischer, stürmischer Morgen, als K. voll Ärger über
den Tag, der ihm bevorstand, schon um sieben Uhr ins Büro kam, um
wenigstens einige Arbeit noch fertigzubringen, ehe der Besuch ihn allem
entziehen würde. Er war sehr müde, denn er hatte die halbe Nacht mit dem
Studium einer italienischen Grammatik verbracht, um sich ein wenig
vorzubereiten; das Fenster, an dem er in der letzten Zeit viel zu oft zu sitzen
pflegte, lockte ihn mehr als der Schreibtisch, aber er widerstand und setzte
sich zur Arbeit. Leider trat gerade der Diener ein und meldete, der Herr
Direktor habe ihn geschickt, um nachzusehen, ob der Herr Prokurist schon
hier sei; sei er hier, dann möge er so freundlich sein und ins Empfangszimmer
hinüberkommen, der Herr aus Italien sei schon da. »Ich komme schon«, sagte
K., steckte ein kleines Wörterbuch in die Tasche, nahm ein Album der
städtischen Sehenswürdigkeiten, das er für den Fremden vorbereitet hatte,
unter den Arm und ging durch das Büro des Direktor-Stellvertreters in das
Direktionszimmer. Er war glücklich darüber, so früh ins Büro gekommen zu
sein und sofort zur Verfügung stehen zu können, was wohl niemand ernstlich
erwartet hatte. Das Büro des Direktor-Stellvertreters war natürlich noch leer
wie in tiefer Nacht, wahrscheinlich hatte der Diener auch ihn ins
Empfangszimmer berufen sollen, es war aber erfolglos gewesen. Als K. ins
Empfangszimmer eintrat, erhoben sich die zwei Herren aus den tiefen
Fauteuils. Der Direktor lächelte freundlich, offenbar war er sehr erfreut über
K.s Kommen, er besorgte sofort die Vorstellung, der Italiener schüttelte K.
kräftig die Hand und nannte lächelnd irgend jemanden einen Frühaufsteher.
K. verstand nicht genau, wen er meinte, es war überdies ein sonderbares Wort,
dessen Sinn K. erst nach einem Weilchen erriet. Er antwortete mit einigen
glatten Sätzen, die der Italiener wieder lachend hinnahm, wobei er mehrmals
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Buch Der Prozeß"
Der Prozeß
- Titel
- Der Prozeß
- Autor
- Franz Kafka
- Datum
- 1926
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 21.0 x 29.7 cm
- Seiten
- 158
- Schlagwörter
- Roman, Literatur, Schriftsteller, Prozess
- Kategorien
- Weiteres Belletristik
Inhaltsverzeichnis
- Kapitel 1: Verhaftung - Gespräch mit Frau Grubach - Dann Fräulein Bürstner 5
- Kapitel 2: Erste Untersuchung 25
- Kapitel 3: Im leeren Sitzungssaal - Der Student - Die Kanzleien 37
- Kapitel 4: Die Freundin des Fräulein Bürstner 54
- Kapitel 5: Der Prügler 60
- Kapitel 6: Der Onkel - Leni 65
- Kapitel 7: Advokat - Fabrikant - Maler 80
- Kapitel 8: Kaufmann Block - Kündigung des Advokaten 116
- Kapitel 9: Im Dom 138
- Kapitel 10: Ende 155