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in ein Gespräch einlassen, denn er müsse in den Dom. »In den Dom?« fragte
Leni. »Nun ja, in den Dom.« »Warum denn in den Dom?« sagte Leni. K.
suchte es ihr in Kürze zu erklären, aber kaum hatte er damit angefangen, sagte
Leni plötzlich: »Sie hetzen dich.« Bedauern, das er nicht herausgefordert und
nicht erwartet hatte, vertrug K. nicht, er verabschiedete sich mit zwei Worten,
sagte aber doch, während er den Hörer an seinen Platz hängte, halb zu sich,
halb zu dem fernen Mädchen, das es nicht mehr hörte: »Ja, sie hetzen mich.«
Nun war es aber schon spät, es bestand schon fast die Gefahr, daß er nicht
rechtzeitig ankam. Im Automobil fuhr er hin, im letzten Augenblick hatte er
sich noch an das Album erinnert, das er früh zu übergeben keine Gelegenheit
gefunden hatte und das er deshalb jetzt mitnahm. Er hielt es auf seinen Knien
und trommelte darauf unruhig während der ganzen Fahrt. Der Regen war
schwächer geworden, aber es war feucht, kühl und dunkel, man würde im
Dom wenig sehen, wohl aber würde sich dort, infolge des langen Stehens auf
den kalten Fliesen, K.s Verkühlung sehr verschlimmern. Der Domplatz war
ganz leer, K. erinnerte sich, daß es ihm schon als kleinem Kind aufgefallen
war, daß in den Häusern dieses engen Platzes immer fast alle Fenstervorhänge
herabgelassen waren. Bei dem heutigen Wetter war es allerdings
verständlicher als sonst. Auch im Dom schien es leer zu sein, es fiel natürlich
niemandem ein, jetzt hierherzukommen. K. durchlief beide Seitenschiffe, er
traf nur ein altes Weib, das, eingehüllt in ein warmes Tuch, vor einem
Marienbild kniete und es anblickte. Von weitem sah er dann noch einen
hinkenden Diener in einer Mauertür verschwinden. K. war pünktlich
gekommen, gerade bei seinem Eintritt hatte es zehn geschlagen, der Italiener
war aber noch nicht hier. K. ging zum Haupteingang zurück, stand dort eine
Zeitlang unentschlossen und machte dann im Regen einen Rundgang um den
Dom, um nachzusehen, ob der Italiener nicht vielleicht bei irgendeinem
Seiteneingang warte. Er war nirgends zu finden. Sollte der Direktor etwa die
Zeitangabe mißverstanden haben? Wie konnte man auch diesen Menschen
richtig verstehen? Wie es aber auch sein mochte, jedenfalls mußte K.
zumindest eine halbe Stunde auf ihn warten. Da er müde war, wollte er sich
setzen, er ging wieder in den Dom, fand auf einer Stufe einen kleinen,
teppichartigen Fetzen, zog ihn mit der Fußspitze vor eine nahe Bank, wickelte
sich fester in seinen Mantel, schlug den Kragen in die Höhe und setzte sich.
Um sich zu zerstreuen, schlug er das Album auf, blätterte darin ein wenig,
mußte aber bald aufhören, denn es wurde so dunkel, daß er, als er aufblickte,
in dem nahen Seitenschiff kaum eine Einzelheit unterscheiden konnte.
In der Ferne funkelte auf dem Hauptaltar ein großes Dreieck von
Kerzenlichtern, K. hätte nicht mit Bestimmtheit sagen können, ob er sie schon
früher gesehen hatte. Vielleicht waren sie erst jetzt angezündet worden. Die
Kirchendiener sind berufsmäßige Schleicher, man bemerkt sie nicht. Als sich
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Der Prozeß
- Titel
- Der Prozeß
- Autor
- Franz Kafka
- Datum
- 1926
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 21.0 x 29.7 cm
- Seiten
- 158
- Schlagwörter
- Roman, Literatur, Schriftsteller, Prozess
- Kategorien
- Weiteres Belletristik
Inhaltsverzeichnis
- Kapitel 1: Verhaftung - Gespräch mit Frau Grubach - Dann Fräulein Bürstner 5
- Kapitel 2: Erste Untersuchung 25
- Kapitel 3: Im leeren Sitzungssaal - Der Student - Die Kanzleien 37
- Kapitel 4: Die Freundin des Fräulein Bürstner 54
- Kapitel 5: Der Prügler 60
- Kapitel 6: Der Onkel - Leni 65
- Kapitel 7: Advokat - Fabrikant - Maler 80
- Kapitel 8: Kaufmann Block - Kündigung des Advokaten 116
- Kapitel 9: Im Dom 138
- Kapitel 10: Ende 155