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FREIZEITDICHTUNG 467
Dung Krapfen] Mehlspeise für die Stallknechte Waizknoden] Knödel aus Weizenmehl Häts mei] Ausruf: Je
nun mei lebtä] zeitlebens außgraith] bedacht zigeln] züchten entzoiha] entziehen geit] gibt hörts öß] hört
ihrs hani do] hab ich doch gsait ha] gesagt habe es] (hier 3. Pers. Pl.) sie es muss halt trofä habn] es muss
sie der Schlag getroffen haben Zusserey] Jammerei, Raunzerei däkenä] erkennen außgmacht] beschimpft öß
seyts] ihrseid wanimmerdäwöll]wannauchimmer
WasKundlnichtwissenkonnte:DieSchweinewarenschonzuvorheimlichgeschlachtet
worden und dienen beim folgenden Tendlbaß-Fest zum Schmaus. Mit der Mechanisie-
rung bäuerlicher Arbeitsprozesse ist dieser Brauch in Vergessenheit geraten, im Gegen-
satz zu vielen anderen, die Pambichler hier und in weiteren Teilen des Spiels kundig ins
Bildsetztunddiebisheutezu ndensind.
Nicht nur in der Klosterkultur war das bäuerliche Brauchtum als Sujet beliebt; auch
in allerhöchsten Kreisen amüsierte man sich mit und über bäuerliche Alltagsunterhal-
tung. 1684 etwa spielte Kaiser Leopolds Halbschwester Eleonora, verwitwete Königin
von Polen, mit ihren Hofdamen und jenen der Kaiserin eine Mayerin mit allen 14
Menschern 128 im dialektalen Faschingssingspiel Rocken stuben, vnd Mayrhoff, das uns
inderHandschriftdesChristophLeopoldReichsgrafvonThürheim(1623 1689)über-
liefert ist. Ob er auch der Verfasser ist, ist wohl nicht mehr zu klären (eine
ui`-Form
spricht eher für einen Dichter aus dem ostmittelbairischen Gebiet). Dem aufgrund von
Pest-undTürkengefahrnachLinzverlegtenkaiserlichenHofwurdeindieser theatralen
Einlage ein kleiner Blick auf die weiblichen Aufgabenbereiche in einem landwirtschaft-
lichen Betrieb geboten; aufgelockert wurde das Spiel mit Tanz und Balletteinlagen. Es
beginntmiteinerBefehlsausgabeder Mayerin` EleonoravonÖsterreichanihreMägde:
1
MenscherkhumbtEinmahlheran,
habt ihrEntlichausgeschlaffen,
hebtsEinmahldiearbeitan,
lastdashinvndwidergaffen,
Gehts Ihrwolgebuztedockhen,
luzel,Ändel,nembstdenrockhen,
wanIhrgspunnenEirenstrenn
danköntöszumfenstergehn. 2
Roselbringdiehiendelher,
vndthuesolche eissigschoppen,
würstusiever eternmehr,
duweist, Ich laßmichnit foppen,
dumuest solchemirbezallen,
khaterldumuestpfeffermallen,
vndreibdanineinenhuy,
aucheinAchtel salzdarzuy.
128 Oberösterreichisches Landesarchiv, Weinberg, Akten-Nr. 1406, L VII (Rocken stuben, vnd Mayrhoff wel-
che Ihr mais. der Kaiserin Eleonora vnd deren hohen, vnd liebe Gästen in einem Cammerfest von Ihr mai.
derKönigin inpolenvndbeeder Ihrmais.derKaiserinvndkeniginhofdammenvorgestelt. Imfasching1684
zu Linz.), f. 2v. In Auszügen erstediert wurde das Stück von Hans Commenda: Adelige Lustbarkeiten in
Linz vom 16. bis zum 18. Jahrhundert. In: Historisches Jahrbuch der Stadt Linz 1958, S.141 180, hier
156 158.Dieauffällig fehlerhafteTranskriptiondesarriviertenForschers lässt sichwohl auchwenndie
Handschrift tatsächlich nicht leicht entzifferbar ist nur mit Commendas Arbeitstechnik erklären: Auch
hierwirderwohldasOriginalzumindestzumTeilmitstenographischenKürzelnfestgehaltenundfürdie
Editionrekonstruierthaben.
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Buch Bairisch-österreichische Dialektliteratur vor 1800 - Eine andere Literaturgeschichte"
Bairisch-österreichische Dialektliteratur vor 1800
Eine andere Literaturgeschichte
- Titel
- Bairisch-österreichische Dialektliteratur vor 1800
- Untertitel
- Eine andere Literaturgeschichte
- Autoren
- Christian Neuhuber
- Stefanie Edler
- Elisabeth Zehetner
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20630-9
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 652
- Schlagwörter
- Germanistik, Dialektliteratur, Bairisch, Sprachwissenschaft, österreichische Dialektkunst
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen