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222 Die Thäler der Liesing und der Palten. 222
der wilde Heerzug der von Kärnten eingebrochenen Türken über den Tauern
sich in das Paltenthal ergoss. Zuerst zog das Heer der Renner gegen Rotten-
mann, aber angesichts der mächtigen Burgveste von Strechau und den
starken Mauern der Stadt, wandten die Türken ihre flinken Rösslein wieder
in das ö. Paltenthal und dieses entlang über den Waldersattel in das Lie-
singthal, durch welches nun das türkische Heer seinen Weg nahm. Wie eine
plötzlich hereinbrechende, alles zerstörende Hochflut wälzte sich mit furcht-
barer Schnelligkeit der Heerzug das offene Thal hinab, Dorf auf Dorf
sank in Asche, tausende meist in die Kirclien geflüchtete Bewohner wurden
verbrannt oder theils unter grässlichen Martern getödtet, theils in die
Gefangenschaft mit Weib und Kind geschleppt, Frauen wurden geschändet,
Kinder vor den Augen ihrer Mütter zerhackt, Gotteshäuser entweiht und
selbst die entlegensten Höfe und die in die Wälder entflohenen Bewohner
dieser Thäler entgiengen ihrem Geschicke nicht.
Circa 40 Jahren später durcbtoste abermals Waffenlärm die stillen
Thäler der Palten und Liesing. Die aufständischen Knappen und Bauern
Salzburgs drangen das Ennstbal herab bis zum Waldersattel vor. Ihnen
zog der Landeshauptmann von Steier, Sigmund von Dietrichstein* durch
das Liesingthal entgegen. Auf der Höhe von Wald traf er auf Bauem-
schaaren, die er vor sich hertrieb, bald stieß er aber auf einen Verhau,
welchen er durchbrechen wollte. Der Angriff misslang jedoch und wurde
Dietrichsteins Heer bis Mautern zurückgeworfen.
In das J. 1455 fällt die Gründung des Chorberrenstiftes in Rotten-
mann durch den Bürger Wolfgang Dietz.
Das ganze 16. Jahrhundert hindurch durclitobte, wie vielleicht
nirgends heftiger in ganz Steiermark, der Kampf der mit elementarer Kraft
eingedrungenen lutherischen Lehre mit der landesfürstlichen Gewalt und
den Anhängern des alten Glaubens diese Thäler ; fand doch gerade liier
die neue Lehre in den durch Bergsegen zu ungeheurem Reiclitkume und
zu größter Macht gelangten Hoffmanns, Freiherren auf Grünbichl, Herren
von Strechau, unermüdliche Förderer, bis 1600 auch hier die Gegen-
reformations-Commission mit landesfürstlicher Gewalt den Protestantismus
vernichtete und die von den Hoffmanns bei Rottenmann erbaute prunkvolle
lutherische Kirche zerstörte. Bald darauf wendet das stolze Geschlecht der
Hoffmanns der Steiermark den Rücken und Admonts Banner webt auf den
Wällen der gewaltigen Veste Strechau. Aber unter der Asche glimmt der
Geist des Lutliertkums auf den einschichtigen Höfen der Waldbauern fort.
1669 entsteht zu Mautern ein Franciscanerkloster, es war das schönste
Steiermarks, wurde 1806 aufgelassen und 1827 in ein Redemptoristen-
kloster verwandelt. Inzwischen hatte das Toleranzpatent Josefs II. den
heimlichen Anhängern der lutherischen Lehre gestattet, ihren Glauben offen
zu bekennen und entstand 1784 in Wald zuerst ein protestantisches
schlichtes Betliaus.
Aus der Zeit der französischen Invasionen sei nur erinnert, dass
am 25. Mai 1809 bei St. Michael das blutige Treffen zwischen den
Armeen des Vicekönigs von Italien und den österreichischen Generälen
Die eherne Mark
Eine Wanderung durch das steirische Oberland, Band 2
- Titel
- Die eherne Mark
- Untertitel
- Eine Wanderung durch das steirische Oberland
- Band
- 2
- Autor
- Ferdinand Krauss
- Verlag
- Leykam
- Ort
- Graz
- Datum
- 1892-1897
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 14.1 x 20.37 cm
- Seiten
- 613
- Schlagwörter
- Steiermark, Heimatkunde
- Kategorien
- Geographie, Land und Leute
- Geschichte Vor 1918