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St. Lambrecht. 555
An Stein knüpft sich die Sage vom schwarzen Mönche. Ein
alter Ritter von Stein überraschte einst seine Tochter bei einer Zusam-
menkunft mit dem ihm verhassten Ritter von Kaisersberg. In seinem Zorne
wollte er den Ritter mit seinem Schwerte durchbohren, doch seine eigene
Tochter fieng den Stoß auf und sank todt zu Boden. Sinnlos vor Wuth
tödtete er hierauf auch den Kaisersberg, verschwand aber sodann aus
dem Schlosse. Später sah man im Chorherrenstift zu Seckau einen großen
hageren Laienbruder, der Nächte lang in der Gruft betete, bis man ihn
einst todt auf dem Grabmal fand, das die Gebeine des Ritterfräuleins von
Stein barg. Seit dieser Zeit erscheint in dem Kreuzgange des Stiftes
Seckau hei drohendem Unheil ein gespenstiger, riesig großer Mönch, mit
einem Sarg in Händen, in welchem die Leiche eines blühenden Mäd-
chens liegt.
Markt St. Lambrecht.
Nach Markt St. Lambrecht 1(4 Stdn.
Die Bezirksstraße durchzieht von der Station St. Lambrecht gegen
W. die Hochfläche und erreicht bald den Fuß des Kalkberges, an dessen
N.-Seite sie hinführt. Herrlicher Rückblick auf Maria-Hof und die Burg-
ruine Stein und das Höhlenschloss Schallaun; r. die Thaya, die sich in
tief eingeschnittener Furche in großen Krümmungen Bahn bricht.
Die Straße senkt sich allmählich bis zum Thalbache, welcher bis vor
Kurzem zwei, in weiten Abständen erbaute, stiftische Hammerwerke trieb.
Die Straße führt nun nahezu y2 Std. in einem engen einsamen Waldthale
längs der rauschenden Thaya dahin, worauf sich dasselbe etwas weitet und
die Landschaft mit ihren sanft abdachenden, gut cultivierten Thallehnen
einen freundlichen Charakter annimmt.
Alsbald tauchen zur R., inmitten einer waldumschlossenen Bucht, das
uralte St. Blasenkirchlein und zur L. im Grunde eines Seitenthaies die
ausgedehnten Bauten der Dynamitfabrik auf, über welche hoch vom Ber-
geshang das Wallfahrtskirchlein Schönanger zu Thale schaut.
Nun beherrscht das stiftische Eigen immer mehr die Gegend. Das
alte Kirchlein zu Heiligenstadt, große, schöne Meierhöfe und Wirtschafts-
gebäude und vor allem die über dem ausgedehnten alten „Stiftsgarten"
immer imposanter aufsteigende Stiftsanlage mit den sie umgebenden Kir-
chenbauten fesseln den Blickj bis wir vor der prunkvollen, mächtigen
i Südfront der Benedictinerabtei des hl. Lambertus stehen, an welche sich
die Häuserzeile des Märktleins schließt.
G. : F. Mandl , gut bürgerliches Haus, Lebzelterei (in der Wand-
nische des Extrazimmers befindet sich eine interessante, m i t t e l a l t e r -
l iche Krippendarstellung) ; Seb. L e i t g e b , Fleischhauer ; S. Stein-
b r u g g e r ; J. K r a s s e n e g g e r mit Postamt; J. Racke l , Ä. Lint -
s ch inge r und Math. Grub er.
Pos t : Täglich zweimalige Fahrpostverbindung mit einspännigem
Wagen für zwei Personen zur Station. Seit 1893 auch Telegraphen-Station.
Bäder : Bei Mandl.
Die eherne Mark
Eine Wanderung durch das steirische Oberland, Band 2
- Titel
- Die eherne Mark
- Untertitel
- Eine Wanderung durch das steirische Oberland
- Band
- 2
- Autor
- Ferdinand Krauss
- Verlag
- Leykam
- Ort
- Graz
- Datum
- 1892-1897
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 14.1 x 20.37 cm
- Seiten
- 613
- Schlagwörter
- Steiermark, Heimatkunde
- Kategorien
- Geographie, Land und Leute
- Geschichte Vor 1918