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5 5 8 St. Lambrecht.
Der erste Fa l l ereignete sich am 30. Mai in der Ortschaf t „Unter der Alpe"
beim „Bauer im Bach" an Ursula Hiebler ; bald folgten in demselben Hause noch
mehrere Todesfälle, dann griff die Contagion auch andere Häuser an. Die ersten
zwanzig Pest leichen wurden am Friedhofe beerdigt, alle folgenden aber, vom 6. Juli
angefangen, auf den benachbar ten Feldern oder in den Gärten, bis man die Tra t ten-
ebene sw. vom Mark te zum Pestfr iedhofe best immte. Die Sterbefäl le an der Pes t
endeten erst am 25. November. Im ganzen s tarben 308 Personen in der P fa r re
St. Lambrecht . Im Mark te St. Lambrech t dürf te der drit te Theil der Bewohner
von der Pes t ergriffen und etwa nur der fünf te Theil davon curiert worden sein.
In manchen Häusern räumte die Pes t mit den Bewohnern fas t gänzlich
auf. A m Moßhof wurden beim Freidenpichl zwölf Personen infieiert und genaßen
nur zwei.
In Mar ia-Hof forderte die Seuche hunder t Opfer, in St. Blasen, Pe rchau
und Karchau überal l nur eines, in Lassni tz nur einige. Wenigs tens sind in den
Pfa r rbüchern nicht mehrere aufgezeichnet. In Zei tschach scheint n iemand der
Contagion erlegen zu sein.
Aus dem Benedictinerst if te St. Lambrech t s tarb an der Pes t nur ein Priester ,
der Ökonom P. Virgil Lang, den sein priesterl icher Eifer angetr ieben hat te , die
Seelsorge der Inficierten zu übernehmen. E r erlag am 14. August der Contagion.
Grab und Stein desselben befinden sich an der (äußeren) Nordseite des „Stif tsgartens".
Die übrigen Stiftspriester, welche sich seit anfangs Juli für die Pes tk ranken ex-
poniert hat ten, waren der Präfec t der lateinischen Schule P. Honorius Sulzberg
und der Novizenmeister P. E d m u n d Mörkenschlag, dann P. Bernhard N. in
Laßni tz und P. Adr ian Springenfels in St. Blasen und Marialiof. Diese kamen
glücklich davon.
Auf der Tra t tenebene lag das Lazaret l i , die Küche für die Kranken , die
Wohnung des Sani tä tsmagis ters (jetzt Haus Nr . 93), die Separat ions- und Con-
tumazhüt ten und ein Winter lazare th , bestehend aus drei neben der S t raße gele-
genen Keuschen. Auf der 1. Seite der Ebene lag die Todtengrube, jetzt noch durch
einen etwa 44 Schri t te langen, 18 Schrit te breiten und 2 — 3 F u ß hohen Erdhügel
und ein Pes tkreuz kennbar .
Alles dies sieht man noch auf zwei Votivbildern, welche sich in der Mark t -
kapel le befinden, wo zur Pestzei t der Gottesdienst gehalten worden war. Durch
diese bildlichen Darstel lungen blieb auch das Gedächtnis der schweren Zeit im
Volke so lebendig, dass man dort, 1815, die hundert jähr ige Feier der Er lösung
von dem Übel der Pes t mit großer Andacht abhielt .
Der Mark t besitzt infolge alter Stif tungen mehrere Humani tä tsans ta l ten , u. zw. :
1. Das Marktspi ta l , g. 1764 vom Abt Berthold mit 5700 fl. Vermögen für
1 0 - 1 2 P f ründne r ;
2. Das Armeninst i tut für 25 Pf ründner von Kaiser Josef aus den Bruder-
schaftsfonden gegründet und durch Sammlungen unterhal ten. Capital 2000 fl.
3. Fond von 900 fi., aus Avelchem jährlich zwei arme Bauersleute be-
theilt AArerden.
S k i z z e d e r S t i f t s g e s c h i c h t e . Urkundlich nacliAveisbar bes tand schon
1066 im Thayatha le eine dem hl. Lamber tus geAveihte Kirche. Um diese Zeit gab
Markwar t (Marquard) , Sohn des Herzogs Adalbero von Kärnten, dem Erzbischof
Gehhar t von Salzburg die Zehnten Aron seinen Gütern im Bis thume Salzburg und
Avidmete den dri t ten Theil derselben eilf urkundlich benannten Kirchen, und erwarb
dafür die Zehente im Aflenzthale und den bannus nebst dem Rechte, zu begraben
und zu taufen für die Kirchen in Aflenz, Piber , Adriach, Molzbüchl und Graslab.
Seinen Plan, in St. Lambrech t eine Benedict iner-Abtei zu gründen, konnte
jedoch Markwar t (f 1076) nicht vollends verwirklichen und war es erst seinem
Sohne, Herzog Heinrich Amrbelialten, die Fundat ion des Klosters durch reiche Güter-
schenkungen am 7. J anua r 1103 zu vollenden. Diese Dotat ion des Stiftes umfass te :
die Kirche hl. Mar ia in Grazluppa, Besitzungen im Mingersthale, am Lassni tz-
bache, das Gut Berndorf , Markt , Mau th und Zoll in Judenburg, die Kirche von
Weißki rchen und Lind s. ihren Besitzungen, Mühlen, Fischereien etc. — In Aflenz
100 königl. Mausen s. Jagd etc., die Salzquelle und den Erzhau , die Kirche des
Die eherne Mark
Eine Wanderung durch das steirische Oberland, Band 2
- Titel
- Die eherne Mark
- Untertitel
- Eine Wanderung durch das steirische Oberland
- Band
- 2
- Autor
- Ferdinand Krauss
- Verlag
- Leykam
- Ort
- Graz
- Datum
- 1892-1897
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 14.1 x 20.37 cm
- Seiten
- 613
- Schlagwörter
- Steiermark, Heimatkunde
- Kategorien
- Geographie, Land und Leute
- Geschichte Vor 1918