Seite - 119 - in Die Giftgewächse der österreichischen Alpenländer
Bild der Seite - 119 -
Text der Seite - 119 -
IIS
riren, hatten heftigen Durst und vergeblichen Brechreiz, sie ge>
riethen hierauf in einen Zustand von wahrer Raserei, mit Zahn-
knirschen und Convulstonen; die Augenliebcr waren verzogen, die
Pupille vollkommen unbeweglich, das Gesicht roth. aufgetrieben,
die Kinnladen krampfhaft zusammengedrückt, das Schlingen kaum
ausführbar. Der Magen zeigte sich sehr unempfindlich, indem eine
reichliche Dosis Brechweinstein ohne Erfolg blieb; endlich gelang
es, durch Reizen des Schlundes mit dem Bart einer Feder und
wiederholtes Darreichen von Brechweinstein Erbrechen zu Stande
zu bringen; zugleich wurde eine Mischung von Essig, Honig und
Wasser gegeben. Auf dies ließ die Raserei nach; es entwickelte
sich eine tiefe Betäubung mit Sehnenhüpfen, das Gesicht wurde
blaß, kalt, ebenso auch die Hände; der Puls klein, hart, schnell.
Durch Klystiere wurde die Ausleerung ein« Menge zermalmter
Beeren zu Stande gebracht und durch Abführmittel noch weiter
befördert. So gelang es allmälig bis zum dritten Tage sie wieder
in einen leidlichen Zustand zu bringen; auch die länger aus«
dauernde Blindheit wurde zuletzt noch gehoben.
Zweite Beobachtung.
Als im Jahre 1813 das französische Heer sich in Sachsen
befand, wu'rden einmal einige Hundert Mann abgeschickt, um einige
Hügel bei Pirna, wo reichlich Tollkirschen wuchsen, zu besetzen.
Von Durst überwältiget aßen etwa sechszig Mann von den Beeren,
bei welchen sich in kurzer Zeit folgende Erscheinungen einstellten:
Erweiterung und Unbeweglichkeit der Pupille, beinahe völlige Un>
empfindlichkeit des Auges für äußere Eindrücke, Injection der
Bindehaut mit bläulichem Blut, Hervortreten der Angäpfel, das
den einen ein einfältiges, den andern ein wildes Aussehen gab,
Trockenheit des Mundes und des Schlundes, beschwerliches und
selbst unmögliches Schlucken, Eckel ohne Erbrechen, großes Schwäche«
gefühl, Ohnmacht, beständige Bewegungen mit Händen und Füßen,
lustiges Deliriren mit einfältigem Lachen, Sprachlosigkeit, Ausstoßen
unartikulirter Töne, endlich bei Allen allmälige Wiederlehr der
Gesundheit ohne Bewußtsein des vorhergegangenen Vergiftungs-
Zustandes, nachdem ärztliche Hilfe geleistet worden war. (Berge
und Riecke, Giftpfianzenbuch.)
Die Giftgewächse der österreichischen Alpenländer
- Titel
- Die Giftgewächse der österreichischen Alpenländer
- Autor
- Anton Woditschka
- Verlag
- Eigenverlag
- Ort
- Graz
- Datum
- 1871
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 12.29 x 18.88 cm
- Seiten
- 442
- Schlagwörter
- Pflanzen, Giftpflanzen, Steiermark
- Kategorien
- Küche und Garten
- Lexika
- Naturwissenschaften Biologie