Seite - 16 - in Die Votivkirche in Wien - Denkschrift des Baucomités
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inzwischen liegende» Kehlen aber frei läßt. Doch ist der ^slragal, das feine Nundsläbchen unterhalb der Kelchcnpitälchen,
dein ganzen Pfeiler gemeinsam. Die Deckplatten über den Glättcrcnpitälen sind dann polygon.
Das Langhaus hat Meiler, deren Grundriß einem zu der Hchse des Gauwerkes diagonal oder übereck gestellten
Oundrate entspricht. Sie find init zwölf Diensten, vier alten und acht jungen, gegliedert. Die uier mächtigen Uierungs-
pseiler haben sechzehn Dienste, vier alte nnd zwölf junge. Dagegen sind die Chorpfeilcr nur von acht Diensten umgeben
und ihre Grundrisse bilden ungleichseitige, concentrisch nm den Chorschlnß angeordnete Knuten. Es sind deren acht, und
dazu kommen im Chöre noch vier Pfeiler, deren Gilonng mit denen des Langhauses fast völlig übereinstimmt; endlich
vier ähnliche mit vierzehn Diensten in den Krcuzfchiff-Armcn. Die Gliederung der Klandpfeilcr entspricht überall den ihnen
gegenüberstehenden Sti'chen. Die Gewölberippe», welche über den Capitalen der Dienste aufsteige», si»d nicht rund,
sondern birnförmig profilirt mit einem vorgelegten Plättchen, zu beiden Seiten Stäbchen und Hohlkehlen. Gleich elastischen
Kielen tragen sie die kreisrunden, mit plastisch herausgearbeitetem Glätterwcrk verzierten Schlußsteine der Gewölbe. Nur
der SchluMei» des Polygonen Ehorgewülbes zeigt statt des Glattwerkes den bemalten Kopf des Snlvntors.
<z/cn!ter beleuchten das Innere der Kirche nicht weniger als achtundsicbzig. Davon eutsallen auf die Oberwändc
von Mittel- und Kreuzfchiff sechsundzwnnzig, welche die ganze lochbrcitc zwischen den Wnndpfeileru einnehmen. Der
Chorfchluß hat oben sieben Jensler von der gleichen Höhe, aber nur von der halben Greite. Dazu kommen zwei sehr
ausgedehnte Längsfensler in den Incndcn der Krcuzfchifsc, und das große Uadfenfter oder die Nose in der Hauptsacadc.
Die Seitenschiffe des Langhauses werden durch zehn Venster beleuchtet, die Kreuzschiss-Capellen durch dreizehn von
derselben Höhe, aber von geringerer Grelle. Die Zahl der Jenster in den Ehorcnpellcn endlich belauft fich auf neunzehn.
IDns die Gliederung diefer verschiedenen Gruppen von Fenstern dnrch Stnbwerk und Maßwerk anbetrifft, so sind
die Uenster der Chorcapellen zwcitheilig mit einem Werpasz in, Spitzbogen. Die offenster der Kreuzschiff-Enpcllcn sind
ebenfalls zweitheilig, doch führen fie oben je drei ins Dreieck gestellte Dreipässe. Die Jenlter der Seitenschiffe im
Langhnuse find dreitheilig mit zwei Dreiblättern und darüber einem Jünfpnsfe im Maßwerk. Das Maßwerk der Jenster
im oberen Stockwerke ist reicher entwickelt. Die zweitheiligcn Chorfcnster zeigen je zwei spitzbogige Dreipässe und darüber
einen größeren, aus je drei rundbogigen Dreiblättern componirten Dreipaß. Die Hochschiff-Icnstcr find durch einen alten
und zwei junge Pfosten viergetheilt; jede Jensterhälste krönt ein Uieruaß und dazwischen bildet ein aus je vier Dreipässeu
in Kreuzform combinirter Uierpaß den Abschluß des Ganzen. Uollends manigsach ist das Maßivcrk der großen
Nacndenfenster. In denen der Kreuzschiff-Incaden wird das Htabwerk sowohl in uerticaler, wie in horizontaler Richtung
entzweigetheilt. In der uuteren Abtheilung fchließcn die fechs einzelnen Streifen mit einfachen Kleebögen ab. In der
oberen Abtheilung aber scheidet der mitteiste alte Pfosten das ganze Uenster in zwei dreitheilige Hälften, deren jede über
zwei Dreipäfscn einen complicirten dritten trägt, während fich das übrige Maßwerk dazwischen und darüber zu einem
reichgegliederten, mit Dreipäffcn umstellten Werpaß in Kreuzsorm entfaltet. Die Rose der Hauptfncnde endlich besteht
aus fünf concentrifchen, zweimal unlerabgetheilten Compartimenten, die mit zehn Jünf- und zehn Uierpässen im Kreise
umstellt sind.
^we i Einbauten schließen sich an die beiden Enden des Eapellenkranzes zwischen Ehor- und Kreuzschiff-Enpellen,
und zwar an der Evangclienseitc die Sacriltci, an der Epistelseite ein über einem granitenen Nundpfeiler eingewölbter
Naum, welcher als Uorhalle zu der, in die Chorgaleric emporführenden geräumigen Wendeltreppe dient. Ebendahin
führt auch eine engere kreppe aus der Sncristei, und diese sowohl wie jene Uorhnlle sind zugleich von außen zugänglich.
Kleber der Eingangshalle nm Hnuptportnle zwischen den beiden Thürmen trägt ein mächtiger Gurtbogen den Musikchor,
der bis zum Geginn des ersten Lnnghaustrnuee reicht. Die Gnfis der beiden Thürme entspricht der Greite der Seiten-
schiffe sammt der Tiefe der rechteckigen Enpellen, die sich zwischen den Strebepfeilern des Langhauses ausbauen, so daß
zwei der inneren Thurmhnllcn-Hrcnden der Greite der Seitenschiffe, die dritte derjenigen der Cnpeüen gleichkommt.
Das Heußere der Kirche bringt die Raumeintheilung des Inneren ganz folgerichtig znm Ausdrucke, sowie es die
strengen Anforderungen des Stiles verlangen. Die construclive Gedeutuug der verticalen wie der horizontalen Gliederung
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Die Votivkirche in Wien - Denkschrift des Baucomités
- Titel
- Die Votivkirche in Wien - Denkschrift des Baucomités
- Autor
- Moriz Thausing
- Verlag
- Verlag von R. v. Waldheim
- Ort
- Wien
- Datum
- 1879
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 25.0 x 33.2 cm
- Seiten
- 148
- Schlagwörter
- Kirche, Kunstgeschichte, Architektur
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918