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schwierig.EntgegenvielerProphezeiungensindwederdiemechanischen
Uhren mit den digitalen, noch die Armbanduhren insgesamt mit den
Mobiltelefonenverschwunden,ebensowenigwiedieFüllfedernachder
ErfindungdesKulis,dasPapierausdemBüro,gedruckteTerminkalender
undNotizbücher oder sogar die Schallplatte. Inwiefern das die Biblio-
thekenbetrifft, lässtsichkaumvorhersagen;wirkönnenetwadasBuchals
Technologie virtuell simulieren,wir können aber bisher nicht alle seine
Eigenschaften ersetzen. Ähnlich schwierig lassen sich Entscheidungen
über den künftigenRaumbedarf treffen, auchwenndiese dennoch ge-
troffenwerdenmüssen; dieser Bedarf hängt von kommunikativen As-
pektenebenso abwievon technischenMöglichkeiten.Klar scheintnur,
dass dieNutzungen vielfältigerwerden undmanOptionen offenhalten
bzw. Flexibilität schaffenmuss.
Eine Einschätzung des Potenzials von Entwicklungen hängt nicht
zuletzt vonder SkalierungderBetrachtung ab.Diese Skalierungbetrifft
dieDimension eines bestimmten Phänomens ebensowie den zurDis-
kussion stehenden Zeitraum. Die erwähnte Veranstaltung wäre anders
verlaufen, hätten die Teilnehmenden jeweils angeführt, von welchen
Zeitperspektiven und inwelchenWahrscheinlichkeitsgraden sie gerade
sprechen.AuchdieKI-Diskussionenscheinenmirbisheuteunterdiesem
Mangelzu leiden,machtesdocheinenbedeutendenUnterschied,obich
vontheoretischenMöglichkeitenodervondernäherenZukunftspreche.
Das Verfahren der Science Fiction, in unbestimmte, nahe wirkende
Settings teilweise ferne oder unerreichbare Zukunftsprognosen einzu-
weben, istvonStanleyKubricksKlassiker2001:ASpaceOdyssey (1968),
der wegen des ziemlich anthropomorph auftretenden Bordcomputers
HAL geradewieder öfter zitiert wird, bis hin zum neuen, gar kontra-
faktisch rückprojizierten Androiden-RomanMachines LikeMe von Ian
McEwan (2019) literarisch höchst produktiv. In einer technisch-politi-
schenDiskussionaberwirddieseSkalierungsverweigerungzurFaktizität
vortäuschenden Unbestimmtheit, die jeden Bezug zur Pragmatik ver-
wirrt.
Derzweite,damitverbundenePunkt istdiebereits angesprocheneFrage
der Verbindung der Kontingenz mit der (Nicht-)Linearität. Wenn
LotmansThese zutrifft, dass gerade dieRasanz undTiefe derVerände-
rungendieKontingenzbezüglichderZukunft erhöht –unddas scheint
mir eine gewisse Evidenz zu haben –, dann rächt es sich, diesenKon-
tingenzfaktor zu missachten. Die Erfahrung der Complex Dynamics-
Theorien seit der Chaostheorie der achtziger Jahre zeigt, dass die Ver-
SkalierteKontingenz 49
Was macht die Digitalisierung mit den Hochschulen?
Einwürfe und Provokationen
- Titel
- Was macht die Digitalisierung mit den Hochschulen?
- Untertitel
- Einwürfe und Provokationen
- Autoren
- Marko Demantowsky
- Gerhard Lauer
- Robin Schmidt
- Herausgeber
- Bert te Wildt
- Verlag
- De Gruyter Open Ltd
- Ort
- Oldenburg
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-11-067326-5
- Abmessungen
- 15.5 x 23.0 cm
- Seiten
- 206
- Schlagwörter
- Bildung, Schule, Technik, Universität, Digitalisierung
- Kategorie
- Technik