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dass wir uns längst in einem ›gezähmten‹ Netz bewegen. Mit diesen Vorüberlegun-
gen im Gepäck wird sich das Kapitel dem französischen Abenteurer, Kulturtheoreti-
ker und Staatsmann André Malraux und seiner Theorie vom Imaginären Museum
zuwenden. Malraux sieht in der technischen Reproduzierbarkeit von musealen Ob-
jekten die Vollendung der Institution Museum in einer Befreiung der Dinge von den
Wänden, die sie einst umgaben ‒ und zugleich in der sich laufend wiederholenden
Neukontextualisierung dieser Dinge die Voraussetzung ihrer fortlaufenden An-
schlussfähigkeit. Diese Überlegungen sind auf ihre Bedeutung für die virtuellen Mu-
seen der Gegenwart hin abzuklopfen ‒ und auch darauf hin, ob sie sich womöglich
an ihren technischen Gegebenheiten reiben.
Kapitel 5 widmet sich darauf aufbauend dem Wechselspiel von Offenheit und
Fremdbestimmung, dem wir im Umgang mit kulturellem Erbe im World Wide Web
laufend unterworfen sind. Hier wird das von Gilles Deleuze und Félix Guattari im
Anti-Ödipus ausgearbeitete Konzept des Rhizoms den Rahmen der Betrachtung vor-
geben, und über Espen Aarseths Vorstellung von Cybertext soll die Rolle der Rezi-
pienten in einer Kulturvermittlung greifbar gemacht werden, die mehr und mehr den
technischen Voraussetzungen eines von Ranking-Systemen strukturierten Webs un-
terworfen ist. Es wird gefragt, wer hier noch in irgendeiner Form als ›Autor‹ oder
eben Kurator auftreten kann ‒ und was die Kulturwissenschaften der scheinbaren
Beliebigkeit und Massenwillkür von Google und Konsorten entgegenzusetzen haben.
In diesem Zusammenhang werden die methodischen Ansätze der Digital Humanities
ebenso vorgestellt wie die Cultural Analytics Lev Manovichs, die den Suchmaschi-
nen mit einem im großen Stil gedachten ›Gegen-Google‹ begegnen wollen.
Das sechste Kapitel bildet das letzte Theoriekapitel der Arbeit und konfrontiert
die in Kapitel drei gemachten Grundsatzfeststellungen über das virtuelle Museum mit
den in Kapitel 4 und 5 gemachten Analysen seiner medialen Umwelt unter besonde-
rer Berücksichtigung ganz konkreter Rezeptionssituationen. Dabei wird zunächst be-
trachtet werden, wie das Museum mit einem Web umgehen kann, dem nicht erst
kommerzielle Akteure ein Leitprinzip der Auffindbarkeit und unmittelbaren Bedürf-
nisbefriedigung eingeimpft haben. Die ›Long Tail‹-Theorie des Google-Mitbegrün-
ders Chris Anderson, der zufolge das Web zwar das bereits Populäre privilegiert,
zugleich aber auch neue Räume für marginalisierte und randständige Äußerungen
entstehen lässt, wird hier eine besondere Rolle spielen. Anschließend soll die Ent-
wicklung der Computernutzung in Museen seit den 1960er Jahren untersucht und
nachgezeichnet werden, wie sehr diese nicht zuletzt auch das Verhältnis der Häuser
zu ihren eigenen Sammlungen und ihrem Publikum verändert hat. Das vorletzte Un-
terkapitel widmet sich der Frage, inwieweit digitale Daten authentisch sein können ‒
und welche Verfahren sich heranziehen lassen, um ihnen diese Qualität zu verleihen.
Abschließend gilt es, die tatsächlichen medialen Dispositive zu untersuchen, in denen
›Besucher‹ den Weg ins virtuelle Museum finden können: Wie sind unsere Computer
Dinge – Nutzer – Netze
Von der Virtualisierung des Musealen zur Musealisierung des Virtuellen
- Titel
- Dinge – Nutzer – Netze
- Untertitel
- Von der Virtualisierung des Musealen zur Musealisierung des Virtuellen
- Autor
- Dennis Niewerth
- Verlag
- transcript Verlag
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-4232-6
- Abmessungen
- 14.8 x 22.5 cm
- Seiten
- 428
- Schlagwörter
- Virtualität, Kulturerbe, Digitalisierung, Neue Medien, Kulturmanagement, Museumswissenschaft, Digitale Medien, Mediengeschichte
- Kategorie
- Medien