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Dinge – Nutzer – Netze - Von der Virtualisierung des Musealen zur Musealisierung des Virtuellen
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Das Museum: Ein Umriss | 71 Verweisqualität (vgl. ebd.: 13). Dies wiederum führe zur Vernichtung der ›Aura‹, die als Begriff das vielleicht wichtigste Vermächtnis des Kunsttheoretikers Benjamin ist. Mit ihm bezeichnet er die Gesamtheit und Summe aller affektiven Wirkungen, wel- che das Betrachten eines Kunstwerkes beim Rezipienten hervorruft. Zugleich be- trachtet er die Aura als eine Größe, in welcher das Zeitliche und das Zeitlose in Ver- bindung treten: Kunstwerke sind auratisch, weil sie historisch sind. Sie sind aus einer bestimmten geschichtlichen Situation entstanden, die sich in ihrer Materialität den Beleg ihrer Wirklichkeit geschaffen hat und die in der Gegenwart des Kunstwerks nahbar zu werden scheint, dem Betrachter zugleich jedoch fern und flüchtig bleibt. Andererseits behauptet sich die Aura bei Benjamin aber auch durch alle historischen Rezeptionserfahrungen hindurch und wird damit gewissermaßen übergeschichtlich. Die Aura verleiht dem Betrachter und seiner historisch gebundenen Erfahrung des Kunstwerks ein Moment des Ewigen (vgl. ebd.: 16). Technische Reproduktionen zer- schlagen dementsprechend die Aura des Kunstwerkes vor allem dadurch, dass sie es aktuell und zeitgenössisch werden lassen, es in der Gegenwart neu beheimaten. Gottfried Korff sieht in der auratischen Qualität des Orginals den raison d᾿être des Museums schlechthin (vgl. Korff 2002a: 120). Dabei weist er darauf hin, dass sie keinesfalls an die Schönheit des Objektes geknüpft ist. Entscheidend sei vielmehr seine Echtheit. Die auratische Funktion der Museumsdinge sei es nicht etwa, zu be- zaubern, sondern vielmehr zu erschrecken. Affektivität und Narrativität des Muse- ums greifen für Korff ineinander – die epistemische Unbestimmtheit des Museums- objekts einerseits und seine Fähigkeit, emotional zu berühren andererseits lassen es zu einem Ort werden, der beim Besucher Fragen aufwerfen, nicht etwa geschlossene Geschichten erzählen soll. Das Mittel hierzu sei der ›Schock‹ – ein Begriff, den Korff bewusst der Theorie Benjamins entlehnt (vgl. ebd.). Der Wert des Originals liegt demnach gerade darin, dass es durch seinen auratischen Nimbus auf eine Art und Weise sperrig ist, welche der von vornherein ortlosen Reproduktion abgeht, und nur hierdurch eine ›Reibungsfläche‹ für das Publikum darstellen kann. Damit wäre ein erster Umriss des authentisch-auratischen Charakters der Expo- nate im Museum gezeichnet, aber wie verhält es sich mit dem Raum, dem dieses Unterkapitel ja gewidmet ist? Einen Zugang zu dieser Frage ermöglicht vielleicht die ästhetische Philosophie Gernot Böhmes – bzw. die Kategorie der ›Atmosphäre‹, wel- che in dieser eine entscheidende Rolle einnimmt. In seinen Essays zur neuen Ästhetik wendet sich Böhme gegen eine in Philosophie und Kunstgeschichte seiner Ansicht nach tonangebende »Beurteilungsästhetik« (Böhme 1995: 7) und meint hiermit die klassische ästhetische Kunstkritik, die sich normativ-hermeneutisch am Einzelkunst- werk abarbeitet und nach Böhmes Dafürhalten einer welthistorischen Situation nicht länger gerecht wird, deren entscheidendes Merkmal eine umfassende Ästhetisierung von Lebensrealitäten und Gesellschaftsordnungen ist. Seinen Gegenentwurf stellt Böhme unter das Vorzeichen einer Wiederentdeckung und Neubewertung des Men- schen als leibliches Wesen: Es gelte, so Böhme, abzukommen von einer Ästhetik, die
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Dinge – Nutzer – Netze Von der Virtualisierung des Musealen zur Musealisierung des Virtuellen
Titel
Dinge – Nutzer – Netze
Untertitel
Von der Virtualisierung des Musealen zur Musealisierung des Virtuellen
Autor
Dennis Niewerth
Verlag
transcript Verlag
Datum
2018
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 4.0
ISBN
978-3-8394-4232-6
Abmessungen
14.8 x 22.5 cm
Seiten
428
Schlagwörter
Virtualität, Kulturerbe, Digitalisierung, Neue Medien, Kulturmanagement, Museumswissenschaft, Digitale Medien, Mediengeschichte
Kategorie
Medien
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