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Diskurse des Kalten Krieges - Eine andere österreichische Nachkriegsliteratur
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Erinnerungen, die Orte, selbst die Grenze zwischen Ost und West, die sich plötz- lich, „kurz vor ihrer Betonierung auf dem Höhepunkt des Kalten Krieges, als überraschend durchlässig erweist“.81 Dagegen wird in Richard Billingers fünfaktigem82 „Kalten-Kriegsdrama“ Donauballade (1959)83 die Grenze als eine Zone jenseits der Zeiten beschrieben, unterscheidet sich also ebenso wie Neumanns Konstruktion deutlich vom doku- mentarischen Realismus, wie er in Simmels Lieb Vaterland magst ruhig sein zum Ausdruck kommt, freilich auf ganz andere Weise. Hier wird die Grenze als eine Zone des Übergangs in das Reich der Toten dargestellt, wird gleichsam eine Mythologie der Grenze entworfen. Das Stück wurde am 31.  August 1959 unter der Regie von Leon Epp am Wiener Volkstheater uraufgeführt. Lokalisiert ist die Handlung des Dramas in einem alten Gasthof am österreichisch-tschechos- lowakisch-ungarischen Dreiländereck bei Hainburg an der Donau (Niederös- terreich) gegenüber Pressburg (heute: Bratislava) direkt am Eisernen Vorhang. Hier verfällt Ilse Pfadenhauer, die Besitzerin des Wirthauses „Zur schönen Fäh- re“ dem Fährmann Janos Tschamper. Ilse ist eigentlich mit Franz Pfadenhauer, einem Fabrikanten und Kommerzialrat aus Wien, verheiratet. Tschamper ist als Fährmann ein notorischer Grenzgänger, dessen Ambiva- lenz im Verlauf der Handlung aufgedeckt wird. Es wird deutlich, dass er als Spi- on von „drüben“ – wie sich zahlreiche Figuren über das „Reich“ jenseits der Donau, hinter dem Eisernen Vorhang, äußern, womit nicht nur ideologische, sondern auch metaphysische Konzepte bezeichnet werden, – in den Westen gesandt wurde. Tschamper wehrt diese Verdächtigungen ab, das Überschreiten der Grenze hat ihm die Lebensweise des Westens nähergebracht: Ich lasse mir das nimmer gefallen! Immer diese Verdächtigungen! Ja, ich komme von drüben – schon lange her – ich gehe nie mehr hinüber, in die Hölle, zu den – na Menschen sind sie wohl auch –, unterdrückte, verlorene. Ich nagle noch zehn Coca-Cola-Schilder an die Wand! (DB 221) Vor dem Hintergrund von Tschampers Westaffinität warnt Wenzel, ein „einfach gekleidete[r] Mann, dem das ‚Drüben‘ im Gehaben, in der Kleidung anzumerken ist“ (DB 239) ihn, dass er seine „Mission nicht erfüllt“ habe und stattdessen „ins ande- re Lager“ (DB 241), nämlich zum Wirt Szörök, einem Millionär und Kapitalisten, der die Grenzregion für den Fremdenverkehr öffnen will, übergelaufen ist. 81 ebd. S. 362. 82 Es gibt insgesamt vier Fassungen der Donauballade: eine dreiaktige und fünfaktige, von denen letztere im Forum-Verlag (Wien) erschienen ist. Diese Fassung fand auch Aufnahme in die Werkausgabe. 83 Richard Billinger: Donauballade. In: Ders.: Dramen. Bd. 6. Graz, Wien: Stiasny 1960. S.  199– 283. Im Folgenden als DB mit fortlaufender Seitenzahl zitiert. Kursivsetzungen im Original. Die Grenze zwischen Parodie und Mystifizierung 47
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Diskurse des Kalten Krieges Eine andere österreichische Nachkriegsliteratur
Titel
Diskurse des Kalten Krieges
Untertitel
Eine andere österreichische Nachkriegsliteratur
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2017
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20380-3
Abmessungen
15.9 x 24.0 cm
Seiten
742
Kategorien
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