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ersten besten Gelegenheit ebenfalls in einem Kampfe durch Tapfer-
keit auszuzeichnen; am liebsten hätten unsere jungen Herren für
das Vaterland gegen die Frankfurter gekämpft. Ich [will nicht
leugnen, dass sich auch im Publikum viele Befürchtungen, jedoch
verschiedenen Ursprungs, kundgaben. Bei einer derartigen allseiti-
gen Aufregung konnte jedwede zufällige Ursache zu einem blutigen
Konflikte führen, selbst wenn keine fremden Agenten dagewesen wä-
ren, welche zu diesem Zwecke eigens nach Prag geschickt wur-
den. Graf Wilhelm Wurmbrand, Mitglied des provisorischen Regie-
rungsrathes, bemerkte zuerst die verdächtigen militärischen Vor-
bereitungen, deren unverfänglichen Charakter Graf Leo Thun
auf Grund irriger Informationen in seiner Proklamation vom Mor-
gen des 12. Juni vergeblich nachzuweisen bemüht war. Deshalb
berief er sowohl andere meine Kollegen als auch mich, der ich gerade
mit den Berathungen des Slaven - Kongresses beschäftigt war,
eilig zu einer Konferenz beim Landeöpräsidium geracte in dem
Augenblicke, als der Aufruhr schon so zu sagen in der Thüre
stand, und drang auf augenblickliche Beschwichtigung des Volkes
durch die Erklärung, der Fürst habe resignirt oder sei seines Kom-
mandos enthohen worden. Da wir aber hiezu angeblich weder die
Macht, noch das Recht hatten, gingen wir unverrichteter Dinge
auseinander, und ich entsagte gleich auf der Stelle auch sogar dem
Titel eines Regierungsrathes. Als wir hierauf zurückkehrten, langten
schon die ersten Nachrichten über den Beginn des Barrikaden-
baues auf der Alt- und Neustadt und über die weiteren .Vorfälle
an, welche ich hier nicht zu schildern brauche.
Von wem, wo und durch welche That in den damals aufge-
häuften immensen Brennstoff der erste Zünder hineingeworfen
wurde, vermag ich nicht anzugeben: allein ich bin überzeugt,
dass der begonnene Streit hätte bald wieder in häuslicher Weise
beigelegt werden können, wenn nicht unbekannte fremde Agenten
nicht bloss durch Aufhetzung, sondern auch durch Geldspenden,
welche sie unter das niedere Volk vertheilten, immerfort den
Kampf geschürt hätten. Hatte ich mich ja doch selbst (mit dem
Ritter Neuberg und anderen) bis zum 14'. Juni (meinem fünfzigsten
Geburtstage) an den beiderseitigen Friedensunterhandlungen betheiligt,
und nur die Erfahrung, dass sogar die von beiden Seiten bereits
angenommenen Bedingungen von den Unsrigen selbst ohne jed-
wede Zucht wieder verletzt wurden, zwang mich jeder weiteren
Vermittlung zu entsagen. Hiebei zeigte sich deutlich, dass der
ganze Aufstand von Seiten des böhmischen Volkes rein zufällig
war, da er weder einen Plan, noch einen anerkannten Führer be-
sass, obwohl ihm von allen Seiten reichliche Unterstützung zu-
strömte. Wer waren sonach die blutgierigen — wenn nicht
Urheber, so doch wenigstens — Haupträdelsführer und Anstifter?
Darüber waren allerlei Versionen im Umlaufe, allein etwas Gewis-
ses wusste Niemand; man sprach, vielleicht nicht ohne Grund,
von einigen ausgedienten polnischen Soldaten, von 48 Wiener Stu-
denten, welche in jenen Tagen nach Prag gekommen waren, ob-
gleich ich von ihnen nichts wusste, und sicher ist, dass dann so
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Buch Palacký's Politisches Vermächtniss"
Palacký's Politisches Vermächtniss
- Titel
- Palacký's Politisches Vermächtniss
- Autor
- František Palacký
- Ort
- Prag
- Datum
- 1872
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.0 x 23.6 cm
- Seiten
- 42
- Kategorien
- Dokumente Geschichte