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Böhmen, Polen und Ungarn leiten sollte. Zu gleicher Zeit mit den
Cechen sollten die Raizen in Ungarn und die Gränzer in Kroatien
unter JellaCiö's und Gaj's Leitung losschlagen" etc. Ist diese Ueber-
einstimmung nicht überaus merkwürdig und trägt sie somit nicht allein
schon die Gewähr der Wahrheit in sich ? Es braucht sicherlich nicht
bewiesen zu werden, dass der Wiener Korrespondent am 25. Juni
seine Informationen nicht erst von Turänsky, welcher zu eben
derselben Zeit am Hradschin inhaftirt war, bezog, sondern dass beide,
er sowohl als Turänsky, ihre Berichte aus einer und derselben
Quelle schöpften, nämlich —aus der politischen Taktik
der Magyaren oder Magyaronen, welche, der Lüge und der
Wahrheit gleichen Werth beilegend, auch in diesen Tagen (1872)
in den Vakanovic'schen Memoranden wiederum in Kroatien als Be-
leg von Ben-Akiba's Weisheit zu Tage trat. „Alle slavischen (immer
= panslavistischen) nationalen Bestrebungen, wie in Oesterreich
überhaupt, so insbesondere in den Ländern der ungarischen Krone,
müssen ohne Bedenken in hochverrätherisches Licht gestellt und
somit gleich zu nichte gemacht werden. Hilf da, was helfen mag;
lüge nur keck und der Erfolg wir<J nicht ausbleiben."
Ich, der ich von beiden Denuncianten durch eine glorreiche
Führerschaft im Hochverrathe ausgezeichnet wurde, kann mich mit
Recht über das Benehmendes damaligen Kriegsgerichtes am Hradschin
gegen mich beschweren. Die Richter schenkten offenbar entweder
Turanskys Worten Glauben, oder sie schenkten ihnen keinen Glauben.
Im ersten Falle waren sie verpflichtet, den Hochverräther verhaften
zu lassen oder wenigstens den Beschuldigten unverzüglich vor das
Gericht zu citiren; im zweiten Falle war es ein grober Missbrauch
der Amtsgewalt, wenn man laut von einer weitverzweigten Ver-
schwörung sprach, mochte man auch meiner Person hiebei gar
nicht erwähnen. Hätte man diess zu meiner Kenntniss gebracht
und mich mit dem Denuncianten konfrontirt, ich hätte den wahren
Hauptschuldigen des PfingstaufStandes herausgefunden und die Herren
auch in dieser Hinsicht informirt, und ich bürge dafür, dass jener
Hr. Marceil nicht so unbemerkt wieder vom Schauplatze verschwun-
den wäre, wie eine mythische Figur. Fürst Windischgrätz und
andere vornehme Herren waren allerdings von meiner Unschuld
überzeugt: allein die ihnen untergeordneten Richter wollten sich
nicht die Gelegenheit entgehen lassen, dem ihnen missliebigen
böhmischen Volke eine Schmach anzuhängen und es zu beschuldi-
gen. Ich besass leider von alledem, was in dieser Angelegenheit
meine Person betraf, auch nicht die leiseste Ahnung, bis am Krem-
sierer Reichstag anfangs März 1849 Hrn. Scharfens officielle Dar-
stellung von Ungefähr in meine Hände gelangte. Die von mir in
dieser Sache vorbereitete Interpellation an das Ministerium wurde
lediglich durch die plötzliche Auflösung des Reichstages überholt
und unmöglich gemacht.
Ich schliesse meine weitläufige Erörterung, obgleich ich von
vielen wichtigen Dingen gar keine Erwähnung gethan habe. Ich
wollte wenigstens, was mich betrifft, dem künftigen Historiker ein
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Buch Palacký's Politisches Vermächtniss"
Palacký's Politisches Vermächtniss
- Titel
- Palacký's Politisches Vermächtniss
- Autor
- František Palacký
- Ort
- Prag
- Datum
- 1872
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.0 x 23.6 cm
- Seiten
- 42
- Kategorien
- Dokumente Geschichte