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Palacký's Politisches Vermächtniss
Seite - 28 -
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28 Nachbarn, als berechtigt akceptiren, kann es nicht anders sein, als dass noch zur Stunde schiefe Vorurtheile in Menge die öffentliche Meinung Europas — insbesondere mit ^Rücksicht auf die Strebungen und Absichten der Russen — beherrschen. Wie hätte ich sonach nicht trachten sollen, mir eine eigene, auf Wahrheit basirte und gründ- liche Ueberzeugüng zu verschaffen? Ich schätze es mir für einen nicht geringen Gewinn, dass ich bereits keinen Grund finde, mich vor irgend einer künftigen rus- sischen Universalmonarchie zu fürchten. We^r nur immer bedenkt, unter welqhen Bedingungen dieselbe realisirt werden könnte, wird sich darob sicherlich nicht wundern, und desto weniger es mir verargen, dass ich in derselben „ ein unaussprechliches Uebel,a „ ein Unglück ohne Mass und Ziel" etc. sah und noch zur Stunde sehen würde. Weil alle tüchtigen Volksstämme derselben Widerstand leisten würden — und zwar mit Daransetzung des letzten Groschens und des letzten Bluttropfens — würde eine solche Universalmonarchie nichts Anderes bedeuten, denn eine gewaltsame Bezwingung, vollkommene Unterwerfung und Verknechtung des gesammten gebildeten Europas, die Unterdrückung und Erstickung aller freien und edlen Gedanken und Bestrebungen des menschlichen Geschlechtes. Kein Universal- monarch, weder ein russischer noch auch irgend ein anderer, ver- möchte selbst beim besten Willen ein Titus oder Trajan zu werden, weil die unaufhörlichen und zahllosen aller Orten ausbrechenden Empörungen und Aufstände, als Versuche zur Wiedergewinnung der Freiheit, auch den aufrichtigsten Philanthropen schliesslich zu strengen und grausamen Massnahmen, vor welchen er unter andern Verhältnissen selbst zurückgebebt hätte, zwingen würden. Doch ich kürze dies^ Betrachtung desto lieber ab, je besser ich mich überzeugt habe, dass sie eigentlich gegenstandslos wäre. Die gebildeten Russen insgesammt — und ihre Anzahl ist nicht gering — sehnen sich nicht nur nicht nach einer Erweite- rung der Grenzen ihres Reiches nach Westen hin, sondern würden eine solche als ein Missgeschick ansehen, falls sie dazu aus irgend einem Anlasse genöthigt würden. Die Ausdehnung des rus- sischen Reiches ist bereits so gewaltig, dass jegliche Vergrösserung desselben die Verlegenheiten der Regierung vermehren würde, und ausserdem würde jedwede Inkorporirung neuer nationaler Elemente in den russischen Staat in Hinkunft den Charakter der russischen Ge- schichte zu alteriren drohen. Das natürliche Mitgefühl und die Freund- schaft für die unterdrückten Glaubens- und Stammesgenossen in der Türkei und in Oesterreich werden fälschlich als Herrschgelüste ge- deutet. Namentlich die Eroberung und Annexion von Konstan- tinopel zum Carenreiche würden die gebildeten Russen als ein wahres Unglück ansehen, weil eine jede Hoffnung auf die Assi- milation des neugewonnenen Besitzes mit dem ^resammtreiche thöricht wäre, und eine Zweitheilung des russischen Gebiets kann weder der Car noch überhaupt ein vernünftiger Patriot herbei- wünschen. Mit Rücksicht auf Europa geht der Wunsch der russi- schen Politiker lediglich dahin, an den westlichen Grenzen in keinerlei direkte Nachbarschaft und Berührung mit allzu mächtigen
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Palacký's Politisches Vermächtniss
Titel
Palacký's Politisches Vermächtniss
Autor
František Palacký
Ort
Prag
Datum
1872
Sprache
deutsch
Lizenz
PD
Abmessungen
15.0 x 23.6 cm
Seiten
42
Kategorien
Dokumente Geschichte
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