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Palacký's Politisches Vermächtniss
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31 immer mehr an Macht und Intensität zu, so dass es schliesslich hoffentlich eine unwiderstehliche Gewalt erlangen wird. In dieser Hinsicht sind meiner eigenen Person viele und erfreuliche Beweise zu Theil geworden, welche aufzuzählen mir die Bescheidenheit verbietet. Sichergestellt und bekannt ist jedoch, dass in Russland der ehemalige Widerwille der sogenannten „Occidentalenu gegen die slavisehe Idee immer mehr und mehr schwindet und dass die öffentliche Meinung einer kompakten Nation von 60 Millionen Seelen seiner Zeit zu einer Weltmacht werden wird. Dann erst wird jener vielverrufene „Panslavismus" realisirt werden, vor wel- chem sich alle unsere Feinde seit langem so sehr fürchten, nicht etwa deshalb, weil er ihnen Böses mit Bösem vergelten sollte, son- dern weil er ihnen verwehren wird, den Slaven Schlimmes zuzufügen, • was sie seit Jahrhunderten zu thun gewohnt sind. Ich habe ver- nommen und glaube es, dass, sobald der Herzenswunsch der zahl- reichen deutschen und magyarischen Fanatiker in Erfüllung geht und die Pickelhauben und Honv6ds ihr Apostolat bei uns mit Blut und Eisen in Scene setzen werden, dass in Russland kein Herr mächtig genug sein wird, um dämpfen zu wollen das Gefühl und die Stimme — Doch ich brauche den Satz gar nicht zu vollenden. Das Verhältniss der Russen zu den übrigen slavischen Völkern wird nicht allein in Europa, sondern auch in Russland selbst sehr verschiedenartig aufgefasst. Während die einen es für eine Art plato- nischer Liebe der Slaven unter einander ansehen, setzen andere voraus, eine Vermählung derselben werde unvermeidlich sein; ja es gibt auch welche, die nicht so sehr von einer vollständigen Vereinigung, son- dern vielmehr von einer Unificirung aller Slaven reden. Die Letz- teren sagen, das Slaventhum müsse sich insgesammt so bald als möglich russiflciren; der Panslavismus derselben sollte dalier eigentlich „Panrussismus" heissen. Sie sind nicht zahlreich^ gröss- tentheils heissblütige junge Russen, die freilich des wahren slavi- schen Geistes bar sind; einen Unterschied zwischen diesen und den deutschen und magyarischen Fanatikern vermag ich nicht her- auszufinden: die einen wie die andern wären gewillt, uns als Na- tion zu vernichten. Ich entgegne ihnen sonach, dass die Böhmen ihre Nationalität seit mehr als einem Jahrtausende keineswegs darum in Kämpfen und mit unzähligen und unaussprechlichen Opfern vertheidigten und erhielten, um derselben für irgend ein gutes Wort zu entsagen. Und das Gleiche lässt sich auch von andern Slaven voraussetzen, insbesondere von den Südslaven. Wir alle werden um so lieber die russische Sprache lernen, je mehr Beleh- rung und Genuss uns die russische Literatur bieten wird: allein unserer eigenen Sprache und Literatur werden wir darum niemals entsagen, sie niemals vernachlässigen. Die Träume von der Bildung und Einführung einer einzigen allslavischen Sprache sind — Träume . und nichts mehr. Bei aller unbezweifelbaren Centralisation der Welt scheint es doch nicht in der Absicht der göttlichen Vor- sehung zu liegen, dass das Menschengeschlecht in der Einförmigkeit aufgehe.
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Palacký's Politisches Vermächtniss
Titel
Palacký's Politisches Vermächtniss
Autor
František Palacký
Ort
Prag
Datum
1872
Sprache
deutsch
Lizenz
PD
Abmessungen
15.0 x 23.6 cm
Seiten
42
Kategorien
Dokumente Geschichte
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