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Palacký's Politisches Vermächtniss
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u Sprache kam, aufmerksam zu machen: ich mein« nicht bjoss die Ver- wandtschaft, sondern besser gesagt die vollständige Identität des rus- sischen und böhmischen Geistes, wenigstens in Ansehung des Glaubens und der Religion von der subjektiven Seite aus. Ich habe in dieser Beziehung eine besondere Erfahrung gemacht, wie sie sich selten Jemandem darbietet. Als ich während meines Aufenthaltes in Nizza im Jahre 1860 von der hochgebildeten Frau Orlov das Buch des Herrn Söapov über die russischen Raskolniken zu lesen bekam, war mir mit Einem Male, als sei ich mitten unter meine alten Bekannten —- die Hussiten vom XV—XVIII Jahrhundert — ver- setzt worden, als läse ich die unterschiedlichen polemischen Traktate aus der grauen Vergangenheit Böhmens, als verkehrte ich wieder, wie in meiner Jugend, mit den Ueberresten der alten Böhmischen Brüder im östlichen Mähren, welche seiner Zeit zur Proklamirung der Toleranz durch Kaiser Josef II. im J.1781 den Anlass gegeben hatten. Ein grosser und wesentlicher Unter- schied bot sich hier allerdings vor allem in den Objekten der Kontroverse dar. Während die Raskolniken in ihrer rohen Un- • wissenheit sich fast durchwegs nur mit unwesentlichen, kleinlichen, ja manchmal sogar lächerlichen Seiten der gottesdienstlichen Hand- lungen zu schaffen geben, richteten die böhmischen Brüder ihr Augenmerk keineswegs auf kirchliche Ritualien, sondern auf we- sentliche Glaubensartikel, und könnten im Vergleich mit jenen für natürliche wahre Philosophen gehalten werden. Allein in der Art und Weise, wie die einen und die anderen ihre Streitsache auf- fassten und führten, in der Religiosität der Gesinnung, in der Wahr- heit und Tiefe der Ueberzeugung, in dem Eifer und der Opfer- freudigkeit, womit sie ihre Artikel vertheidigten, in den schlauen Kunstgriffen, welche sie "anzuwenden pflegten, um fremden Wider- stand und die Strafgesetze ihrer Zeit zu umgehen, ja sogar in den etlichen eitlen Syllogismen, welche ihnen zur Verteidigung dien- ten, musste ich eine vollkommene Identität des Geistes wahrneh- men. Präciser kann ich sie nicht beschreiben und bemessen, ich müsste denn ein ganzes Buch darüber schreiben; es gibt Dinge, welche beinahe nur mit dem Gefühle, und zwar unfehlbar, erfasst werden können, obwohl es noch nicht gelungen ist, eine kurze und vollständige Definition derselben zu liefern (z. B. der jüdische Ge- sichtstypus). Auch darin zeigt sich eine — wenn auch minder ge- wichtige — Gleichheit, dass gerade so, wie ehedem die Böhmi- schen Brüder, auch jetzt z. B. die sibirischen Altgläubigen, nach dem Zeugnisse aller Reisenden, sich vor den übrigen Landsleutea durch Ordnungsliebe, Arbeitsamkeit, Verlässlichkeit und Sittlich- keit überhaupt auszeichnen. Dass ich bei diesem Gegenstande län- ger verweilte, dazu vermochte .mich insbesondere die bekannte Hallucination Duchinski's, welcher, so weit es ihn angeht, den Russen nicht bloss ihre slavische, sondern überhaupt die euro- päische Abkunft abstreiten möchte und mit seinen Scheingründen manchen gewichtigen Historiker hinter's Licht geführt hat. Es ver- steht sich von selbst, dass, sobald man auf das wechselseitige Verhältniss der russischen und böhmischen Nation zu sprechen
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Palacký's Politisches Vermächtniss
Titel
Palacký's Politisches Vermächtniss
Autor
František Palacký
Ort
Prag
Datum
1872
Sprache
deutsch
Lizenz
PD
Abmessungen
15.0 x 23.6 cm
Seiten
42
Kategorien
Dokumente Geschichte
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