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der Teheraner Gesellschaft ein, wälzte aber die Kosten auf Rodich ab. Aussteuer
undMitgiftderTochterübergaberabernicht.220
Mit Erlass vom 2. Mai 1899 verlangte das Außenministerium von jedem ef-
fektiven Konsularbeamten ein Ansuchen um Ehebewilligung, wobei es nicht nur
um das bisherige gesicherte Privateinkommen ging, sondern das Ministerium die
soziale Stellung der Braut in Erwägung zog und prüfte, ob nichts vorlag, was die
HeiratausgewichtigenRücksichtendesDienstesunzulässigerscheinenließ.
BeamtedesdiplomatischenDienstesmusstenebenfallsvoreinerEheschließung
vom Kaiser die Bewilligung erhalten. Kanzleibeamte bei k.u.k. diplomatischen
MissionenbenötigtennurdieErlaubnisdesMinisteriums.221
Dass es sich dabei nicht nur um eine formale Zustimmung handelte, zeigt fol-
gendes Beispiel: Der einundfünfzigjährige Generalkonsul I. Klasse Pára Bohumil,
der in Saloniki eingesetzt war, konnte erst im März 1912 seine in Turin geborene,
vorderHochzeitinParislebendeBraut(Frl.MarieThérèseDeStefanis)ehelichen,
nachdem die streng vertraulichen Nachforschungen des Außenministeriums über
denRufderBrautzufriedenstellendausgefallenwaren.222
VK Schulz ersuchte am 2. Okt. 1900 um Heiratserlaubnis. Am 7. Okt. 1900
wurde die niederösterreichische Statthalterei um unauffällige Überprüfung der
Brautersucht.
NachdemBerichtüberdasfamiliäreUmfeldunddieVermögensverhältnisse223
der Braut wurde die Eheerlaubnis verweigert. In der Begründung224 hieß es, der
verstorbene Vater der Braut sei nur ein Schmiedgeselle gewesen und der gesell-
schaftliche Stand der Eltern der Braut sei zu minder; die Vermögensverhältnisse
derBrautmutterseiennurgeringunddieSchwesterderBrauteineNäherin.
Der Vater des Bräutigams, ein pensionierter GK, wandte sich mit einem Pri-
vatbrief an Sektionschef Suzzara im Außenministerium und erklärte, die Nach-
forschung habe sich auf die Befragung einer Hausmeisterin beschränkt. Er erlaube
sich dazu seine Bemerkungen. Der verstorbene Brautvater sei als Schmiedemeister
ein Industrieller gewesen. Seine Witwe sei die Tochter eines Haus- und Grund-
besitzers. Die als Näherin bezeichnete Schwester habe nach der Bürgerschule eine
Nähschule absolviert, sie sei aber keine Näherin von Profession, sondern nähe nur
fürsichundihreFamilie.DieanmutigeundeleganteAnnaGrossbeherrscheaußer
DeutschauchFranzösischinWortundSchriftundbewegesichsicherinderbesten
Gesellschaft.
220 Pe.Rodich.
221 MalfattiBd.1,S.76f.
222 ARF4/247Pe.PáraGottlieb.
223 Pe.SchulzHeinrich, NAR F4/161.
224 DieAblehnungliegtnichtimPe.,sondernkannnurausdemPrivatbriefdesVaterserschlossen
werden.
Die effektiven Konsuln Österreich(-Ungarns) von 1825-1918
Ihre Ausbildung, Arbeitsverhältnisse und Biografien
- Titel
- Die effektiven Konsuln Österreich(-Ungarns) von 1825-1918
- Untertitel
- Ihre Ausbildung, Arbeitsverhältnisse und Biografien
- Autor
- Engelbert Deusch
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- Abmessungen
- 17.4 x 24.4 cm
- Seiten
- 736
- Schlagwörter
- Konsularbiografien, Konsularausbildung, Pflichten eines Konsuls, österreichisch-ungarische Konsulate, Arbeitsverhältnisse, Honorarkonsuln, Repräsentation
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918