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Zwischen dem Anspruch von Medienbildung und der Wirklichkeit im Kindergarten
ElFo—Elementarpädagogische Forschungsbeiträge (2019), 1 (2), S. 20-31
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Des Weiteren wird argumentiert, dass Kinder nicht alles verstehen könnten, was sie beim Gebrauch
digitaler Medien sehen und hören würden. Aus der Beobachtung der befragten Pädagoginnen und
Pädagogen würden sie dann Wahrgenommenes unpassend in der alltäglichen Kommunikation
untereinander verwenden. Begründet wird das u. a. mit einer noch nicht ausgebildeten Kritikfähigkeit
der Kinder, welche eine entsprechende Realitätsüberprüfung ermöglichen könnte: „Ja genau, weil
einfach die Kritikfähigkeit noch nicht da ist und einfach die Distanz zum Realen nicht so gegeben ist“
(22). Immer wieder genannt wird in diesem Zusammenhang das Tempo, mit dem digitale Inhalte in
Bild und Sprache präsentiert werden: „[...] einfach auch, weil sie es einfach auch nicht, nicht
kontrollieren oder regulieren können, was da passiert. Weil das eben auch ein Tempo hat, das vielleicht
für viele Kinder doch überfordernd ist“ (22). Forschungen zeigen allerdings, dass bereits im Übergang
zum Kindergartenalter Kinder in der Lage sind, sowohl Inhalte als auch Funktionen zu verstehen
(Theunert, 2015). Kindgerechte Medienangebote können sogar das Wissen von Kindern erweitern und
gezielt für Prozesse der Weltaneignung eingesetzt werden (Theunert & Demmler, 2007).
Darüber hinaus wird auch auf unterschiedliche Probleme im Sozialverhalten hingewiesen, deren
Ursache die befragten Fachpersonen dem übermäßigen Gebrauch digitaler Medien zuordnen. „Und ja,
sozial verändert sich dann auch alles, weil sie einfach nicht mit anderen Kindern dann agieren oder
nicht wissen, wie sie mit anderen Kindern agieren sollen und dann meistens irgendwo alleine sitzen und
spielen oder generell nur alleine sitzen und an die Wand starren“ (26). Einige der Befragten können auf
Beobachtungen in ihrem beruflichen Alltag verweisen, bei denen sie Veränderungen bei
Kommunikation und Interaktion der Kinder festgestellt haben, welche sie einer übermäßigen
Beschäftigung mit digitalen Medien zuordnen: „ [...] das Soziale wird völlig außer Acht gelassen und
verkümmert“, und später würden diese Kindern auch als Jugendliche und Erwachsene „Eigenbrötler“
(10). Denn „da geht dieses Naturerlebnis, die Bewegung, [...] die sozialen Kontakte, dieses Spielen, geht
wirklich verloren“ (10).
Was Kindergartenpädagoginnen und -pädagogen besonders auffällt, ist eine gewisse Inaktivität bei
Kindern, die sich zu Hause viel mit digitalen Medien beschäftigen. „Die sitzen halt lieber zuhause und
spielen, anstatt draußen zu sein [...]“ (6) oder „Kinder lassen sich berieseln, verstehen nicht den Inhalt
und sehen nur Bilder“ (15). Die Sorge, dass so ein Kind „nichts Eigenständiges dann mehr spielt und so“
(26) führt zur Überzeugung, dass der Kindergarten hier eine Art Gegensteuerung übernehmen müsse:
„Das ist, wenn Kinder so übersättigt sind. Aber da versuchen wir dann eh gegenzusteuern. Das ist auch,
das kommt auch hauptsächlich von zu Hause, wenn Kinder sehr viel passiven Konsum gewöhnt sind.
[…] Aber da können wir dann gegensteuern“ (16).
ElFo
Elementarpädagogische Forschungsbeiträge, Band Jahrgang 1 / Heft 2 / 2019
- Titel
- ElFo
- Untertitel
- Elementarpädagogische Forschungsbeiträge
- Band
- Jahrgang 1 / Heft 2 / 2019
- Herausgeber
- Lars Eichen
- Eva Pölzl-Stefanec
- Ort
- Graz
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- Abmessungen
- 21.0 x 29.7 cm
- Seiten
- 77
- Kategorien
- Zeitschriften ElFo- Elementarpädagogische Forschungsbeiträge