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Kategorisierung der Dinge des pädagogischen Alltags. Interaktionsorientierte Benennung unbelebter Akteure
ElFo – Elementarpädagogische Forschungsbeiträge (2021), 3 (2), S. 7-17
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und in den Dingen neue Kreativitätspotenziale zu entdecken. Das Einlassen auf ihr Neu-
Entdecken kann Zentrum einer ko-konstruktiven Interaktion sein, mit der wir nicht nur den
Kindern das Erfahren einer „korrekten" Herangehensweise an Dinge und Tätigkeiten
ermöglichen, sondern in reflexiven Prozessen neue Wege finden, mit den Dingen zu handeln.
Sie wirken also nicht nur als „dritter Erzieher" (Stieve, 2018, S. 34) auf das Kind, sondern
gleichsam auch auf das Gegenüber (Stieve, 2008, S. 309).
Sobald die Dinge der Institutionen früher Kindheit in den Fokus genommen werden, zeigt sich
ihre besondere Bedeutung für die frühpädagogische Arbeit. Sie spiegelt sich in zahlreichen
Konzepten wieder, die die (Spiel-)Materialien als wesentlichen Bestandteil kindlicher Lernwelt
begreifen. Der Bogen spannt sich von Fröbel und Montessori, dem Ansatz des spielzeugfreien
Kindergartens oder den Lernwerkstätten bis hin zu „domänenspezifisch didaktischem
Material" (Cloos, Bensel, Haug-Schnabel, Wadepohl & Weltzien, 2018, S. 13), wie man es
beispielsweise in der Sprachbildung findet. Dabei unterscheidet sich das Verständnis davon,
wie die Dinge genutzt werden oder die Bildungsrealität beeinflussen, zum Teil erheblich. Dass
sie eine Rolle spielen, darüber besteht in diesen Konzepten Konsens (ebd.). Nach Andres
(2008) sollen die Dinge in den frühpädagogischen Einrichtungen grundsätzlich die vielfältigen
Lebenswelten der Kinder widerspiegeln, aber auch darüber hinaus weisen. Das Material setzt
dabei Möglichkeiten und Grenzen für die konkreten Erfahrungswelten, die die
Kindertagesstätte den Kindern bietet: „Sind es doch die Erfahrungsmöglichkeiten, die die
Grundlage bilden für die Themen der Kinder, die eine Aufforderung darstellen und damit die
Selbstbildungsprozesse der einzelnen Kinder unterstützen" (Andres, 2008, S. 363). Obgleich
Versuche zur Kategorisierung dieser Dinge der kindlichen Umwelt unternommen wurden (vgl.
Stieve, 2008, S. 26-33; für Spielsachen: Bodenburg, 2000, S. 336-354; Keppner, 2015, S. 105),
um eine systematisierte Kommunikationsbasis für Forschung und Praxis über das Phänomen
zu schaffen, erschwert der ständige Bedeutungswandel, dem die Dinge durch kindliche
Handlungen und Assoziationen unterliegen, eine einfache Kategorisierung. „Nahezu jede
Spielsache kann fast alles sein. Auf einem derart instabilen Boden ist eine präzise,
schlussendlich immer von außen getroffene Einteilung unmöglich" (Keppner, 2015, S. 88).
Gleichzeitig kann nahezu jedes Ding auch zur Spielsache werden, sofern es sich im Verlauf der
Interaktion dahingehend entwickelt. Ob Kinder aus Wäschekörben Türme konstruieren oder
sich ein Bildungsgespräch um einen Kugelschreiber entwickelt: Ein Ding ist in seiner Funktion
selten so eindeutig, wie es herstellerseitig vorgesehen ist (Nohl, 2011, S. 200-201).
ElFo
Elementarpädagogische Forschungsbeiträge, Band Jahrgang 3 / Heft 2 / 2021
- Titel
- ElFo
- Untertitel
- Elementarpädagogische Forschungsbeiträge
- Band
- Jahrgang 3 / Heft 2 / 2021
- Herausgeber
- Lars Eichen
- Eva Pölzl-Stefanec
- Ort
- Graz
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- Abmessungen
- 21.0 x 29.7 cm
- Seiten
- 33
- Kategorien
- Zeitschriften ElFo- Elementarpädagogische Forschungsbeiträge