Seite - 27 - in Else Feldmann: Schreiben vom Rand - Journalistin und Schriftstellerin im Wien der Zwischenkriegszeit
Bild der Seite - 27 -
Text der Seite - 27 -
MotivationdesSchreibens 27
für die das Schreiben eineMöglichkeit des Broterwerbs darstellt, mit zu
berücksichtigen.
InderZwischenkriegszeit rücktdasMotivdesGeldverdienensallmählich in
denHintergrund.VorallemdieSchriftstellerinnender jüngerenGeneration
verfügennunübereineBerufsausbildungodereinabgeschlossenesStudium,
das ihnen ein unabhängiges Leben ermöglicht. Für Schriftstellerinnen, die
dasSchreibenzumBerufgemachtundihreExistenzdaraufgegründethaben,
bleibtderfinanzielleAspektabernachwievorwichtig.Diejenigen,dienicht
durchVerträgemitVerlagenabgesichertsind,arbeitenals Journalistinnenoder
Redakteurinnen,umeinregelmäßigesEinkommenzuhaben.
SosehenzumBeispielAutorinnenwieVezaCanetti (1897–1963)undVicki
Baum(1888–1960) ihre journalistischeTätigkeitalsMittel, ihre literarischeAr-
beit zufinanzieren,AliceSchalekwidmetesichnacherstenschriftstellerischen
VersuchenganzderKriegsberichterstattungund,wieviele ihrerKolleginnen,
späterdemFoto-undReisebericht,GabrieleTergitwiederumschriebneben
ihrerArbeitals Journalistinan ihrenRomanen.55
ObwohldasGeldverdienennachwievoreinenwichtigenAspektdarstellt,
ist esabernichtmehrwie im19. JahrhundertHaupttriebfederdesSchreibens.
ZentralesMotiv istvielmehrdiePartizipationamöffentlichenDiskurs–der
Wunsch,Gedanken,Erfahrungen,BeobachtungenundReflexionenmitzuteilen.
UndsoverschiebtsichderFokusweiblichenSchreibens,derim19. Jahrhundert
nochfastausschließlichaufderUnterhaltung liegt, inden1920er Jahrenhin
zurAuseinandersetzungmitderGesellschaft.
AusgehendvondenneuenGesellschafts-,Frauen-undMännerbildernent-
werfenschreibendeFrauenunterschiedlicherHerkunftundWeltanschauung
u. a. alternativeLebensmodelle,die in ihrerVielfalt,Unterschiedlichkeitund
Widersprüchlichkeit einesgemeinsamhaben:dieFragederRealisierbarkeit.
DieHerausforderungenundSchwierigkeiten,denensiesichdabeigegenüberse-
hen,werdenthematisiert,wobeizwischenFaktundFiktioneineKluftbestehen
bleibt: „DieDivergenz zwischenfiktionalenEntwürfenundderenRealisie-
rung ist ein Symptomfürdie Situationder schreibendenFrauund für ihre
Literatur.“56
VorallemAutorinnenderNeuenSachlichkeitgestaltenProtagonistinnen
vielfach als scheiterndeAntiheldinnen, derenUmsetzung ihres Lebensent-
wurfesanweiterhinbestehendenpatriarchalenDenkkategorien,Moralvorstel-
lungenundetabliertenStrukturenzerbricht.Auszumachenistaberauchdie
55 Vgl.:ElisabethKlaus;UllaWischermann: Journalistinnen.O. a.: S. 354.
56 Hildegard,Atzinger:GinaKaus:SchriftstellerinundÖffentlichkeit.ZurStellungeinerSchrift-
stellerin inder literarischenÖffentlichkeitderZwischenkriegszeit inÖsterreichundDeutsch-
land.FrankfurtamMain.PeterLang2008.S. 52.
http://creativecommons.org/licenses/by/4.0 | CC BY-NC-ND 4.0
© 2021, Böhlau Verlag Ges.m.b.H. & Co. KG, Zeltgasse 1/6a, A-1080 Wien
Else Feldmann: Schreiben vom Rand
Journalistin und Schriftstellerin im Wien der Zwischenkriegszeit
- Titel
- Else Feldmann: Schreiben vom Rand
- Untertitel
- Journalistin und Schriftstellerin im Wien der Zwischenkriegszeit
- Autor
- Elisabth H. Debazi
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21213-3
- Abmessungen
- 15.8 x 23.4 cm
- Seiten
- 306
- Schlagwörter
- L
- Kategorie
- Biographien