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2.2 Bedeutung fĂŒrBiografieundWerk
Ineiner scheinbarbeilÀufigenBemerkungklÀrt LotteSwecenydann
ab,unterwelchenBedingungensie ihreBriefe schreibtunddiejenigen
Lernet-Holenias liest:
Ăbrigens wollte ich Sie ersuchen mir den von mir geschriebenen
letzten Brief, wenn Sie ihn noch haben und es Ihnen nichts aus-
macht zurĂŒckzuschicken. Ăberhaupt wenn Sie mit Ihren Briefen
immermeinenzurĂŒckschickten,hĂ€tte icheineprĂ€chtigeGelegen-
heit zur Selbstkritik. Sollten Sie aber die Gewohnheit haben Briefe
aufzuheben so machtâs auch nichts. Noch ein ,ĂŒbrigensâ: Ich möch-
te einmal aussprechen, daĂ Briefe an mich nur von mir gelesen
werden und daĂ ich annehme, daĂ ich auch Ihnen mit meinen
NachrichtenkeineSchwierigkeitenbereite, sonsthÀttenSiemich
doch lÀngstdaraufaufmerksamgemacht.
2.2.2 âEs ist, glaube ich,ĂŒberhauptvieles imAufbruchââ
AmVorabenddesZweitenWeltkriegs
Am 15. Juli zeichnet sich schlieĂlich das Ereignis ab, das Lernet-Holenia
aus Wien und St.Wolfgang wegfĂŒhren und so die Hauptursache fĂŒr
den vorliegenden Briefwechsel abgeben wird: Sein Regiment, das 10.
Kavallerie-SchĂŒtzen-Regiment, wird am 1. August 1938 in der Kopal-
Kaserne imSt.PöltenerStadtteil Spratzernaufgestellt.Kokett schreibt
der DragonerfĂ€hnrich des Ersten Weltkriegs, er werde nun bald âein
wenigmitdenWaffen rasseln. Ich tueesnichtungern.Eswar jameinei-
gentlicherBeruf,undichwarimGrundeimmernurinterimistischSchrift-
stellerâ (S.82).86 Auch hier ein Lernetâsches Grundthema: Schreiben
als,wieFriedrichTorbergesbezeichnete, ânichtganz standesgemĂ€Ăes
Hobby [...], als eine unschickliche, mangels HauptbeschÀftigung allzu
vordringlichgewordeneNebenbeschĂ€ftigungâ.87 Eswurdebereitsdarauf
86 SpÀter distanzierte sich Lernet immer mehr vom martialischen Pathos seiner Jugend-
und Mannesjahre. An Otto Basil schrieb er am 15. Mai 1964: âWie geht es Ihrem
plötzlich fĂŒr das MilitĂ€r interessierten Stiefsohn? Was mich anlangt, so habe ich von
derlei Institutionen,nichtnurwegenderZahlderJahre, sondernauchausĂberzeugung,
genug;und ichbedaurees,denEseln, vorzeiten, auchnochVerherrlichungengeliefert
zu haben. Diese Ăberzeugung ist ein SpĂ€tzĂŒnder, sie reifte erst Jahrzehnte nach den
beiden Kriegenâ (zit. nach HĂŒbel/MĂŒller [Hrsg.]: Die Lust an der Ungleichzeitigkeit,
S.65).
87 FriedrichTorberg:EinschwierigerHerr[Ausschnitt] (zuerst in:AlexanderLernet-Holenia.
Festschrift zum70.GeburtstagdesDichters.WienâHamburg:PaulZsolnayVerlag1967,
S.15â18). In: Thomas HĂŒbel/Manfred MĂŒller (Hrsg.): Die Lust an der Ungleichzeitigkeit.
Wien:Zsolnay1997,S.33.
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Alexander Lernet-Holenia und Maria Charlotte Sweceny
Briefe 1938-1945
- Title
- Alexander Lernet-Holenia und Maria Charlotte Sweceny
- Subtitle
- Briefe 1938-1945
- Author
- Christopher Dietz
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2013
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-205-78887-4
- Size
- 15.5 x 23.5 cm
- Pages
- 468
- Categories
- Weiteres Belletristik