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2 Einführung
Stellen legen den Schluss nahe, dass Lernet den „Hasen“ Nachrichten
überbringenwill oderes zumindest versucht256 bzw.von ihnenMittei-
lungen – wohl für Lotte Sweceny, der er davon berichtet – empfängt,
so, als sei er eine Art Mittelsmann oder Bote.257 An anderen Stellen
wieder scheinen sich die beiden semantischen Ebenen (Hase als Jü-
din/Jude und Hase als Kosename für Lotte Sweceny) zu überlagern,
etwawennLernetüberdenKriegsverlauf,derauchzuTrennungoder
Schlimmerem führen könne, Überlegungen anstellt: „Und dann täte
dem Hasen niemand an der Pfote führen, was doch außerordentlich
wichtig ist“ (S.196); und: „Ich wollte, ich wäreauch schon wieder dort
undkönnteDichanderPfotehin-und herführen.WeilDusonst ganz
ratlosherumspringst“ (S.210).Es istnicht leicht,hierzwischendenDeu-
tungsvarianten „Geplänkel unter Liebesleuten“ und „verdeckt geäußerte
Sorge“zuunterscheiden; immerhin,LotteSwecenywareinecouragierte
Frau und wohl in der Regel nicht rat- oder orientierungslos.258 Dass sie
in Gegenwart eines Offiziers der Wehrmacht noch weniger antijüdische
Übergriffe zu befürchten hatte als in derjenigen ihres „arischen“ Man-
nes Otto C. Sweceny – von dem sie de facto getrennt lebte –, ist wohl
anzunehmen. (DennochschienLernet esausSicherheitsgründennicht
zugelassenzuhaben,dass sie zu ihmnachBerlinkam,vgl. S.61.)
ObLernetsbrieflicheAnteilnahmeamSchicksalder„Hasen“aucheine
Entsprechung imHandelnhatte, ist ungewiss. Lernet-HoleniasBiograf
vermutet,dassderAutor indenJahrenvordemKriegEmigrantenbehilf-
lich war: „Lernet-Holenias Landhaus soll [...] in den Sommermonaten
einemDurchgangslager fürVertriebeneausDeutschlandähnlicherge-
wesenseinalsdemRefugiumeinesDichters.“259 LernetsFreund,derAn-
walt Hugo Lifczis, habe den Flüchtenden die nötigen Papiere verschafft.
Wäredemso,warAlexander Inngraf260 nichtderEinzige inLernetsund
LotteSwecenysUmfeld,derdurchseineAktionenPartei fürvomRegime
Verfolgtebezog. Ob und in welchenAusmaß AlexanderLernet-Holenia
an solchen Aktionen teilnahm, ist bei jetzigem Forschungsstand nicht
zu klären. Selbst wenn er etwa als „arischer“ Mittelsmann zwischen
256 „Es ist also sehr schwer,denHasenhier eineMitteilungzumachen“ (S.121).
257 „Denngegenmichallein sind sie janicht sehrmitteilsam“(S.125).
258 Die letzten Kriegswochen, in denen sich ihre Familie aufs Land nach Hochrotherd
zurückgezogen hat, verbringt Lotte Sweceny furchtlos alleine in Wien, wo sie sich
währendderBombardementsu.a. eineGranatsplitterverletzungzuzieht (vgl. S.217).
259 Rocˇek: DieneunLeben, S.201.
260 Zu Inngraf sieheS.224,Anm.zuBlümerl.
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Alexander Lernet-Holenia und Maria Charlotte Sweceny
Briefe 1938-1945
- Title
- Alexander Lernet-Holenia und Maria Charlotte Sweceny
- Subtitle
- Briefe 1938-1945
- Author
- Christopher Dietz
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2013
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-205-78887-4
- Size
- 15.5 x 23.5 cm
- Pages
- 468
- Categories
- Weiteres Belletristik