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3.4 Briefe1941
verheimlichen, auchwenndieDingenochsounsicher seien.So schreibe
ichDir’s denn.
Vorläufig ist es so, daß ich Ende der Woche nach Berlin fahren soll
und dort für das Heer Films machen. Eine erhebliche Aufregung hat
sich meiner Filmgesellschaften bemächtigt und sie haben ungemeine
Summen vertelephoniert, um mich wieder herauszukriegen. Aber die
Oberste Heeresstelle legt einen Wert auf mich, der mich zwar ehrt, den
ich aber dennoch nicht ganz begreife. Zum mindesten begreife ich’s
nicht in bezug auf meine Fähigkeiten im Film. Ich kann da doch fast
garnichts. Es ist mir auch nicht ganz verständlich, woher die Oberste
Heeresstelleüberhaupteine sobedeutendeMeinungvonmirhat.
Nun, wie immer dem sein möge, vorläufig, wie gesagt, ist es so,
daß ich Ende der Woche nach | Berlin soll. Ich würde wahrscheinlich
wieder indemgleichenHotelwohnenwievordrei Jahren, ehewirnach
Amerika gefahren sind. Und auch sonst gäbe es Unzählige, die mich
um die ganze Geschichte beneiden würden. Nur: ich glaube, täte ich
etwas andres, so wäre es für unser Vaterland nützlicher. Und ich mag
jeneStadtnicht.Aberesheißt, dassüberhaupt fast alleFreistellungen
rückgängig gemacht werden sollen. Und das Wichtigste ist wohl, daß
alledergleichenDingegeschehen,weilDeutschland inGefahr ist.
Mir ist ganzbesonders leid,daßaus jenerGeschichtemitdenPferd-
chen nichts geworden ist, denn die Pferdchen hätten mich gefreut, und
es wäre auch in einer andern Gegend gewesen. Am meisten aber ist
mirdarumleid,daß ichnunnichtweiß,obDuEndedesMonatsnoch
wirst kommen können. Die beiden Films für die Ufa und die Terra (ganz
abgesehen von den Entwürfen, die ich | für die Ufa weiterhin schreiben
soll) sind noch nicht fertig, und die Gesellschaften werden alles tun,
um mich noch auf eine Zeit sicherzustellen. Aber man weiß nicht, ob
es ihnen gelingen wird. Erklärt habe ich ihnen freilich schon, daß ich,
wenn ichbeiderHeeresfilmstellebin, fürprivateArbeitennichtmehr
zu haben bin (selbst wenn ich dazu auch Zeit hätte). Und es ist auch
möglich,dass, baldoder später,weitreichendeBeurlaubungenvonder
Heeresfilmstelle erfolgen, etwa wenn ich, in Ruhe, bestimmte Dinge zu
arbeiten hätte. Doch dies liegt noch im Weiten. Wichtig wäre, zu wissen,
was jetzt geschieht.Aberdasweißmannochnicht.
Doch habe ich’s nicht aufgegeben, daran zu glauben, dass wir uns
doch noch bald sehen könnten und dass es bei unserem Arrangement
fürSeptemberbliebe ... Bitte schreibmir, jedenfalls, nochhierher.
DasSchönsteundLiebste!
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Alexander Lernet-Holenia und Maria Charlotte Sweceny
Briefe 1938-1945
- Title
- Alexander Lernet-Holenia und Maria Charlotte Sweceny
- Subtitle
- Briefe 1938-1945
- Author
- Christopher Dietz
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2013
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-205-78887-4
- Size
- 15.5 x 23.5 cm
- Pages
- 468
- Categories
- Weiteres Belletristik